Dringender Vitamin-D-Bedarf

Was gegen asoziale Aggressivität auf Shoppingcenterparkplätzen am Samstagvormittag helfen könnte.

Vergangenen Samstag war ich mutig. Bereits vor zehn Uhr Vormittag hatte ich alle Besorgungen erledigt. Bauxi gönnte sich ein Schläfchen im Kindersitz, also wagte ich, beim schwedischen Möbelgeschäft in der Shopping City Süd zu halten.
Dieses befand sich auf unserem Weg und wir benötigten bloß ein einziges Ersatzteil vom Kundenservice. Als ich keinen freien Parkplatz fand, wollte ich umkehren, doch dann wurde einer der Mutter-Kind-Parkplätze frei. Ich sah zwar, dass bereits ein Coupé auf diesen wartete, doch darin saß ein Mann in mittlerem Alter ohne Kind, also befand ich, dass mir dieser extrabreite, dem Eingang nahe Parkplatz eher zustand, und lenkte unser Auto darauf.

Der Fahrer des Coupés war anderer Meinung. Er sprang heraus, hämmerte auf meine Motorhaube, bezeichnete mich mit dem vulgären Ausdruck für das weibliche Geschlechtsorgan und drohte, mir die Reifen aufzustechen, wenn ich nicht sofort ausparke. Bambino schlief, also konnte ich leider nicht zurückschreien. Stattdessen fragte ich ruhig: „Sie wollen wirklich, dass eine junge Mutter mit Kind vom Mutter-Kind-Parkplatz wegfährt, damit Sie hier parken können?“

Er sah mich an und erblich. „Ich weiß wirklich nicht, was mit mir los ist“, stammelte er. „Momentan dreh ich ständig durch.“ Während er sich entschuldigte, gerieten ein Stück weiter zwei Männer in lauten Streit darüber, ob der eine seinen Anhänger abkuppeln müsse, damit der andere hinter ihm Platz fände. „Passt schon“, sagte ich, „wahrscheinlich brauchen wir alle dringend Urlaub.“ „In der Tat“, sagte er, stieg in sein Coupé und fuhr, anstatt einen neuen Parkplatz zu suchen, Richtung Ausfahrt.
Ich stelle mir seither vor, dass er nonstop an die Adria oder zum Flughafen düste, mittlerweile die Zehen in Salzwasser badet und Vino schlürft. Und dass wir alle das möglichst bald auch tun werden.

Vea Kaiser

Über Vea Kaiser

Vea Kaiser ist die Autorin der Nr.1-Bestseller „Blasmusikpop“, „Makarionissi“ und „Rückwärtswalzer“. Ihre Bücher wurden vielfach preisgekrönt und in mehrere Sprachen übersetzt. Die studierte Altphilologin lebt mit Familie am Wiener Stadtrand und schreibt für die freizeit die wöchentliche Kolumne „Fabelhafte Welt“.

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