Romantik für Jungeltern

Warum der Lieblingsmensch auch mit ungewaschenen Haaren, Augenringen und Ischiasschmerzen sehr sexy sein kann

Es ist eine Herausforderung, Eltern zu werden und trotzdem Paar zu bleiben. Ein Säugling bedeutet für normale Menschen, dass immer einer ungeduscht ist oder Hunger hat. Man fühlt sich im eigenen Körper nicht so wohl wie früher, weil man den Vor-Schwangerschaftszustand vermisst (ich) oder das eigene Alter spürt (mein Mann).
Dort, wo man sich einst aneinanderschmiegte, ruht trotz gegenteiliger Bemühungen ein Menschlein, das allein im Gitterbett liegend herzerweichend klein und zerbrechlich wirkte. Doch sobald es im Ehebett gelandet ist, benötigt es plötzlich einen Großteil des Platzes und setzt diesen Raumanspruch durch Tritte in sensible Elternkörperstellen durch. Zeit und Schlaf sind sowieso Mangelware. Neulich jedoch merkte ich, dass wir nicht unromantisch sind, sondern sich das, was wir als romantisch empfinden, verändert hat.
Keine Ahnung, was ich je an Blumen fand. Gibt es einen duftenderen Liebesbeweis als einen dreifachen Espresso ans Bett? Einst träumten wir von der Südsee. Heute von einem Abendessen, bei dem beide sitzen UND in Ruhe etwas Warmes essen, anstatt dass einer das Kind herumträgt oder wir schlingen, um fertig zu werden, bevor der Bub das Interesse an seiner Raschelkuh verliert.
Seit jeher lief mein Mann am Valentinstag zur Dottore-Amore-Höchstform auf. Briefe, Überraschungen, Schmuck: Er ist Meister der großen Gesten. Doch mit seinem heurigen Valentinstagsgeschenk übertraf er sich selbst. „Geliebte“, sagte er, als Bambino sehr früh morgens nach einer sehr kurzen Nacht zu brabbeln begann: „Ich geh jetzt mit Hund und Kind spazieren, dann kannst du ausschlafen, baden und haarewaschen.“ Noch nie liebte ich ihn so sehr. Noch nie war er so sexy, als er mit mächtigen Augenringen, nach Schlaf riechend und wegen Ischias-Aua hinkend das Kind an sich nahm. Das ist sie: die neue Elternromantik.   

Vea Kaiser

Über Vea Kaiser

Vea Kaiser ist die Autorin der Nr.1-Bestseller „Blasmusikpop“, „Makarionissi“ und „Rückwärtswalzer“. Ihre Bücher wurden vielfach preisgekrönt und in mehrere Sprachen übersetzt. Die studierte Altphilologin lebt mit Familie am Wiener Stadtrand und schreibt für die freizeit die wöchentliche Kolumne „Fabelhafte Welt“.

Kommentare