Vea Kaiser

Vea Kaisers Kolumne: Anstrengende und alberne Selfcare

Warum man sich Gutes tut, wenn man sich einen Muskelkater antut und dabei viel Wasser schluckt

Freitag frühabends beim Sportbecken… Hektisch pfiff der Bademeister hormonsatte Buben zurecht, die mit ihren Salti Mädls in Brasilslips beeindrucken wollten. Auf einer Bahn zogen Damen ihre Längen und berichteten einander von den Dreistigkeiten der Schwiegertöchter. Eine Bahn weiter kraulten Bürohengste, als ginge es um die Medaille im Keinesfalls-Ausweichen. Auf der nächsten Bahn trieben meine Freundin und ich mit einer Gesichtshälfte unter Wasser. 

Wir übten, wie Frösche aufzutauchen, die kurz Hallo quaken, ehe sie wieder abtauchen. Wir klammerten uns ans Schwimmbrett, pritschelten entengleich mit den den Füßen und vollführten allerhand Albernheiten, zu denen uns die Schwimmtrainerin am Beckenrand anwies. Es gab viel zu bestaunen an jenem Freitag und doch schienen meine Freundin und ich Hauptattraktion zu sein. Wir zwei aus der Form gekommenen Mit-Dreißigerinnen, die zu lernen versuchten, was ihnen im Schul-Schwimmunterricht vorenthalten wurde: richtiges und effizientes Kraulen. 

"Ich hab mich selten so deppert gefühlt", sagte meine Freundin, als sie kurz unterging, weil sie vor lauter Konzentration auf die Hände vergessen hatte, Beine zu haben. Als wir ermattet zum Auto schlurften, kamen uns gut erholte Menschen aus dem Spa entgegen. "Das nächste Mal geh ma dorthin", sagte ich. "Fix net", sagte meine Freundin. "Selfcare ist nicht nur Geld für Maniküre und Massagen ausgeben. Sondern auch, etwas zu lernen." Als ich tags darauf die Arme nicht heben konnte, fühlte sich das Kraultraining nicht nach Selfcare, sondern nach Selbstschändung an. 

Ein paar Tage später war der Muskelkater weg, die neue Schwimmtechnik allerdings noch da. Stolz pflügten meine Freundin und ich durchs Wasser und waren uns einig: Bleibendes ist das Beste, was man sich an Gutem tun kann. Selbst wenn man sich dazu einiges antun muss.

Weitere Infos: www.veakaiser.de

Vea Kaiser

Über Vea Kaiser

Vea Kaiser ist die Autorin der Nr.1-Bestseller „Blasmusikpop“, „Makarionissi“ und „Rückwärtswalzer“. Ihre Bücher wurden vielfach preisgekrönt und in mehrere Sprachen übersetzt. Die studierte Altphilologin lebt mit Familie am Wiener Stadtrand und schreibt für die freizeit die wöchentliche Kolumne „Fabelhafte Welt“.

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