Fabelhafte Welt: Immer Ärger mit den Beißern
An welchen harten Lektionen des Leben bereits die Kleinsten zu knabbern haben
Neulich heulte mir eine Freundin ins Telefon: „Ich hab Karies!“ Mir war danach mitzuweinen, denn bis dahin war sie der einzige erwachsene Mensch in meinem Bekanntenkreis ohne Zahnprobleme. Ihr makelloses weißes Lächeln leuchtete jahrelang als Fackel der Hoffnung: Dass ein Leben ohne Zahnschmerzen möglich ist. Doch dann bekam sie ein Kind und der Volksmund behielt bezüglich ihres Mundes Recht: Ein Kind, ein Zahn.
Je älter wir werden, umso spektakulärer muten die Dental-Odysseen an, die man sich zum Aperitif erzählt. Statt Abenteuergeschichten aus rauschenden Partynächten schildert man sich nun, wie heldenhaft die Wurzelspitzenresektion überstanden wurde. Lange Diskussionen drehen sich über die Vor- und Nachteile von Krone, Brücke oder Implantat und die Kontaktdaten guter Zahnärzte werden gedealt wie heiße Ware. Aus Wo gibt’s die beste Maniküre? wurde: Wo gibt’s die beste Mundhygiene?
„Das ist der Anfang vom Ende!“, sagte meine Freundin theatralisch: „Jetzt wird ein Zahn nach dem anderen kaputt, bis ich gar keine mehr hab. Wenigstens ist dann Ruhe.“ „Täusch dich da nicht!“, antwortete ich und dachte daran, wie mein Dreijähriger unlängst mit seiner Urgroßmutter spielte, ehe er plötzlich ihr Gebiss in den Händen hielt. Seither muss ich nicht mehr mit ihm streiten, ob wir heute Zähneputzen.
Mit dem Baby schon. Das bekommt seine Beißerchen und leidet. Neun Monate dauerte es bis zum ersten Zahn, und nun scheinen alle gleichzeitig durchbrechen zu wollen. So lange kein potentes Kauwerkzeug zu haben, war schlimm für ihn. Er wollte die gleichen Speisen verzehren, die der große Bruder schmatzt, konnte aber nicht. Und nun, wo die Zähne kommen, quälen sie ihn noch mehr. Während ich das schreibe, dämmert mir: Das Baby erfährt gerade seine erste bleibende Lebenslektion. Egal ob abwesend oder anwesend, Zähne machen immer Ärger.
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