Fabelhafte Welt: Dokumentieren statt Aktionieren
Warum man den Spaß an der Sprache verliert, wenn man ein technisches Gerät wickeln muss.
Einst liebte ich die deutsche Sprache dafür, dass sie durch das Verbinden vieler Wörter ein prächtiges langes Wort kreieren kann. Doch dann wurde ich gezwungen, sehr sehr oft das Wort Brauchwasserwärmepumpe auszusprechen, weil die unsrige zu tropft. Nein, eine ein Jahr junge Brauchwasserwärmepumpe sollte nicht tropfen, da stimmte mir der Kundenservice ihres deutschen Herstellers zu und schickte einen Techniker. Mit großem Koffer rückte er an, besah sie dreißig Sekunden und diagnostizierte eine schadhafte Dichtung. Anstatt sie zu reparieren, setzte er sich an den Esstisch. Erst dann öffnete er seinen großen Koffer, in welchem sich kaum Werkzeug befand, sondern ein Computer. "Zunächst muss ich den Schaden dokumentieren.“
Eine dreiviertel Stunde lang rekonstruierten wir die Geschichte dieser Brauchwasserwärmepumpe. Dann ging der Techniker. Sein Protokoll war länger als einige meiner Kurzgeschichten. Ich dachte, bald würde uns geholfen, doch heute feiert der Schaden seinen einmonatigen Geburtstag. Seine Dokumentation ist nämlich noch im Gange. Was der Techniker aufschrieb, muss bearbeitet, intern wie extern analysiert, mit weiteren Informationen ergänzt in die Zentrale geschickt werden, um dort intern wie extern analysiert und mit Informationen ergänzt zurück nach Wien zur weiteren Bearbeitung übermittelt zu werden. Das ist wohl unsere schöne neue Welt: Information und Dokumentation geht vor Aktion. Als Schriftstellerin sollte mir das gefallen, aber da ich nun nicht nur zwei Kleinkinder mit Windeln wickeln muss, sondern auch eine lecke Brauchwasserwärmepumpe mit Handtüchern, hält sich die Begeisterung in Grenzen. Oder wie der reizende Techniker sagte: "In der Zeit, in der was ich des da schreib’, hätt’ ich des Klumpert zwei Mal auseinanderbauen und reparieren können – aber des warad wohl zu einfach.“
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