Vea Kaisers Kolumne: Das Lied der Drecksspatzen
Warum über gewisses Verhalten kein Gras mehr drüberwächst und Gatsch auch glücklich macht
Neun Monate Baustelle vernichteten nicht nur alles Gras hinter dem Haus, sondern auch unser Sparschwein. Soll bei uns noch etwas geschehen, heißt das Zauberwort: Eigenleistung. Nun musste der Rasen dringend neu angelegt werden. Denn eine gigantische Schlammgrube kann ebenfalls zaubern und Kinder binnen Sekunden in Drecksspatzen verwandeln. Voller Freude vertikutierte, grub und säte ich.
Mein Mann hasst Gartenarbeiten. Er half und tat sich sehr Leid, seine Abende so verbringen zu müssen. Aber er liebt mich und will mir ersparen, meine Abende dem Gatsch-Dekontaminieren der Kinder und ihrer Sachen widmen zu müssen. Damit das Gras ungestört wachsen kann, fliegen die Kinder und ich nachmittags aus. Neulich besuchten wir einen Spielplatz. Es war ein trockener warmer Tag, nur in der Mitte der Sandkiste stand in einem kleinen Loch Wasser. Das sah ich erst, als der Dreijährige voller Freude hineinhüpfte und der Einjährige hinterher.
Während andere Kinder sauber rutschten, schaukelten und kletterten, saßen meine mit Sandmatsch überzogen an ihrem Schlammloch. Ein Vierjähriger bemerkte: „Dein Baby hat in den Augenbrauen Gatsch!“ Da dämmerte mir: Als wir wenige Tage zuvor beim Wasserspielplatz waren, kam ein befreundetes Kind zwischendurch vorbei, um sich die Hände waschen zu lassen, weil es nicht gerne dreckig war. Bei meinen fand ich zuhause in allen Hautfalten Schlamm, der sie nicht gestört hatte. Oder Mahlzeiten! Sie essen nur mit Latzerl, und trotzdem schaffen es Speisereste überall hin. Mir wurde bewusst: Darüber, dass sich meine Kinder dreckig machen, wird kein Gras mehr wachsen. Tja, das muss der Liebste nicht wissen. Der schwang so anmutig und elegant den Rechen. Grantig zwar, aber ohne sich zu besudeln. Während ich von oben bis unten gatschig war. Gatschig, aber glücklich. Man kann halt nicht alles haben.
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