I hear you sis!
Warum Väter die besseren Betreuungs-Poser sind.
Eine coole Berliner Göre schleppt einen Sack Mehl und ein Baby am Arm durch die Torstraße. Der Fortpflanz und ich eilen ihr zur Seite: „Können wir dir helfen?“ – „Klar könnt ihr, hier!“ Sie drückt mir das Baby in die Hand und dem Fortpflanz das Mehl. Dann flucht sie los: „Ich mache hier meinen Job und mein Kind. Aber das findet jeder völlig normal. Aber wenn mein Mann, der Super-Hipster, mit Theo durch die Gegend läuft, gibt es eine Aufruhr der Begeisterung. ‚Wahnsinn, wie toll, ein Mann, der sich so kümmert, wollen wir ihm nicht gleich eine Medaille basteln?‘ Das kotzt mich dermaßen an.“ Der Fortpflanz keucht nur: „I hear you, sis!“ Wir stehen vor ihrer Bäckerei „Pain du chocolat“, sie deutet uns reinzukommen. Marie ist gerade einmal 30 und hat den Laden allein hochgestemmt. Ich hoffte eigentlich, dass sich in ihrer Generation die Schrauben ein bisschen in Richtung Gerechtigkeit gedreht haben. Ich hatte mich schon daran gewöhnt, dass es keinem Menschen in meinem Job aufgefallen war, dass ich nebenbei im Alleingang ein Kind für das Leben klar gemacht habe. Wahrscheinlich auch deswegen, weil wir Idiotinnen der Meinung waren, bloß kein Brimborium darum zu veranstalten, weil wir uns nicht angreifbar machen wollten. Die neuen Vatis hingegen lieben es neuerdings unter der Entschuldigung „Mümmelchen zahnt, ich muss los!“ Sitzungen zu verlassen. Diese Betreuungs-Poser genießen es, mit der Flagge „Hey, seht nur, was ich für ein bewusster Papi bin“ zu wedeln. Ich hätte mir eher die Zunge kaputt gebissen, als die Erwachsenenwelt darauf aufmerksam zu machen, dass ich Mutter bin. Schön blöd gewesen. Und der Fortpflanz wird mir noch auf meinem Sterbebett vorwerfen, dass ich die Volksschul-Abschlussaufführung wegen irgendeiner bescheuerten Deadline versäumt habe. „Du kannst alles haben“, erzählt die Anwältin Miranda in „Just Like That“, der „Sex and the City“-Sequel, einer Freundin, „aber es ist verdammt anstrengend“. I hear you, sis!
Kommentare