Sahnehäubchen an Paradoxien
Über die Salonfähigkeit absurder Altersunterschiede
Sie wären für den Job ideal, sind aber leider zu alt.“ Diesen Satz bekam eine hoch qualifizierte Freundin, die sich beruflich „reloaden“ möchte, mehrfach zu hören. Sie ist gerade einmal 53. Wenn du ein Mann bist, alles kein Thema, dachte ich mir, da kannst du noch mit dem Rollator in der Parkgarage sowohl die USA als auch die katholische Kirche regieren oder auch das Berufsziel pragmatisierter Diktator anpeilen. Bist du im darstellenden Gewerbe, hast du als Frau sowieso ein Höllenticket gezogen: Da müssen es sich die Grazien bereits Anfang 40 im Mutterfach bequem machen, während die Jungs selbst in der Lebensperiode beginnender Prostatapro-blematik ungestraft durch alle Altersklassen der Theater- und Filmliteratur toben. Und das Sahnehäubchen der Paradoxien ist: Je älter sie sind, desto jünger werden ihre Ehefrauen oder Geliebten. Nicht nur auf der Bühne, sondern auch im Echtleben. Auch das ist eine Spielart von Sexismus. Kein Mensch macht sich einen Gedanken, wenn die Pracht-Wienerin Alma Hasun, 32, als Mads Mikkelsens (55) Gefühlsgefährtin in einem internationalen Werbespot auftritt. Und nicht einmal habe ich mit dem Satz „Heute mit deiner Tochter unterwegs?“ angesichts mäßig Bekannter einen Nebenwohnsitz in dem sattsam bekannten Fettnapf aufgeschlagen. Die Identitätspolizei sollte sich eher mit der Beseitigung solcher Altersschieflagen in der Popkultur herumschlagen. Stattdessen beschäftigt sie sich mit Firlefanz wie, ob die weiße Adele unterprivilegierte Bevölkerungsgruppen ausbeutet, wenn sie sich die Haare in Bantu-Knoten flicht. Oder ob Konservenmilch aus Kokosnüssen, die von eigens dafür trainierten Affen in Thailand von den Palmen gepflückt wurden, eine politisch-korrekte Curry-Zutat ist. Möglicherweise waren diese Affen ja auch gewerkschaftlich organisiert. Uns Frauen bleibt nichts anderes übrig, als die Schieflagen in Eigenregie gerade zu rücken. Sonst macht es ja keiner.
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