"ÜberLeben": Volleyball mit Schnittlauchbrot
Vielleicht sollte man öfter Dinge tun, die man nicht kann.
Es gibt Dinge, die kann ich nicht, obwohl ich sie so gerne können würde. Zeichnen und Malen zum Beispiel, dafür bin ich hemmungslos untalentiert. Im Gymnasium sollte ich einmal den Hinterkopf meines Banknachbarn zeichnen, das Ergebnis sah aus wie ein Schnittlauchbrot, und mein Lehrer schrie mich an, da er vermutete, ich würde ihn verarschen. Dass jemand tatsächlich so schlecht zeichnen konnte, erschien ihm unvorstellbar.
Oder Tanzen. Ich eigne mich nur für rhythmisches Stehen. Der Vorgang des Tanzens ist mir ein bisschen unheimlich – wie schaffen es Menschen, sich zur Musik zu bewegen und dabei nicht komisch auszusehen? Kleiner Trost: Viele schaffen es eh nicht. Wenn ich versuche, zu tanzen, sehe ich aus wie ein Bär mit Bandscheibenvorfall, der zu viel Klebstoff geschnüffelt hat.
Oder Gitarrespielen. Ich quäle jetzt seit mehr als 40 Jahren die Gitarre, habe brav geübt, bringe aber dennoch nicht viel mehr zusammen, als am Lagerfeuer sitzend „Let It Be“ zu schrammeln, während alle anderen angestrengt weghören und sich betrinken. Ich würde so gerne spielen können wie mein ehemaliger Bandkollege C., der seine Finger über die Saiten hüpfen lässt, als wären sie kleine, fröhliche Tiere.
Derzeit beneide ich alle, die Volleyball spielen können. Der Frühling ist da, die Volleyballsaison im Garten meines Freundes B. hat wieder begonnen, meine Freunde spielen, sie springen, hechten, fliegen dem Ball hinterher, und das Ganze hat tatsächlich etwas von Eleganz an sich. Wenn ich Volleyball spiele, bringe ich nur ein ungelenkes Hopsen zustande, und der Ball springt überall hin, nur nicht dorthin, wo er soll, und meine Würde nimmt dabei Schaden.
Ich habe vielleicht zehn Mal im Leben Volleyball gespielt, aber immerhin habe ich dabei meine Freundin kennengelernt. Sie hat zuerst über mich gelacht und fand mich dann nett. Vielleicht sollte ich öfter Dinge tun, die ich nicht kann.
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