Guido Tartarotti

"ÜberLeben": Tennisschläger und Gitarre

Bratpfannenförmige Gerätschaften dominieren plötzlich mein Leben.

Meine Freundin hat mich zum Geburtstag mit einem neuen Tennisschläger überrascht. Wobei mir das Wort „überrascht“ eine hohe schauspielerische Leistung abverlangte. Meine Freundin hatte sich nämlich verplaudert und mir so nebenbei erzählt, dass sie einem Kollegen berichtet habe, ihrem Lebensgefährten einen Tennisschläger schenken zu wollen. Und ich bin meines Wissens ihr einziger Lebensgefährte. Sagen wir so: Hätte ich zum Geburtstag keinen Tennisschläger bekommen, wäre ich misstrauisch geworden.

Tennisschläger waren mein erstes Spielzeug als Kind. Mein Vater war Tennistrainer, und ich fand seine bratpfannenförmigen,  damals aus Holz gefertigten Arbeitsgeräte unwiderstehlich. Ich drehte sie um und übte darauf Gitarrespielen und stellte mir vor, ich sei die Beatles.

Als ich dann später auf eine echte Gitarre wechselte, stellte ich fest, dass ich auf dem Tennisschläger wesentlich besser Gitarre spielen konnte als auf der Gitarre. Ich konnte mit dem Tennisschläger auch wesentlich besser Gitarre spielen als Tennis. Mein linkes Auge ist so schlecht, dass ich mit der Rückhand eher die Luft treffe als den Ball.

Jetzt haben wir den neuen Tennisschläger eingeweiht, es ging ganz gut, die Akkorde sitzen noch, und ich verschoss auf dem Tennisplatz nur zwei unserer vier Bälle.

Nach dem Spiel saßen wir auf der Terrasse des Klubhauses  in der Sonne und tranken ein Bier, was ja stets der erfreulichste Teil des Tennisspielens ist. Plötzlich wankte ein Mann auf uns zu und führte uns Zauberkunststücke mit einer brennenden Zigarette vor, die, weil der Mann schon recht betrunken war, oft auf den Boden fiel, statt zu verschwinden und hinter einem Ohr wieder aufzutauchen.

Zuhause übte ich dann ein wenig Gitarre auf dem Tennisschläger. Zum nächsten Geburtstag wünsche ich mir dann eine Gitarre. Mit ihr treffe ich vielleicht sogar den Ball.

Guido Tartarotti

Über Guido Tartarotti

Guido Tartarotti wurde, ohne vorher um Erlaubnis gefragt worden zu sein, am 23. Mai 1968 zur Mödlinger Welt gebracht. Seine Eltern sind Lehrer, und das prägte ihn: Im anerzogenen Wunsch, stets korrekt und dialektfrei zu sprechen, glaubte er bis in die Pubertät, Vösendorf heiße eigentlich Felsendorf. Das Gymnasium Perchtoldsdorf, wo es damals u. a. eine strenge Einbahnregelung für die Stiegenhäuser gab, verzichtete nach einigen Verhaltensoriginalitäten seinerseits nach der fünften Klasse auf seine weitere Mitarbeit. Also maturierte er in der AHS Mödling-Keimgasse. 1990 begann er in der KURIER-Chronikredaktion. 1994 wurde er Leiter der Medienredaktion, ein Jahr darauf auch der Kulturredaktion. Beide Positionen legte er 2004 zurück, um wieder mehr Zeit zum Schreiben zu haben.

Kommentare