Guido Tartarotti

"ÜberLeben": Oja, des is er

Im Auto von Linz nach Wien mit Mr. Telefonjoker.

Ich stehe in Linz, und zwar auf einem Pissoir, und tue das, was man an diesem Ort eben tut. Plötzlich höre ich hinter mir Stimmen. „I sog da’s, des is er!“ – „Nein, das ist er sicher nicht, der schaut doch ganz anders aus.“ – „Oja, des is er.“

Ich drehe mich um, was angesichts dessen, was ich gerade tue, eher kontraproduktiv ist und sage nur: „Wenn Sie mit Mick Jagger gerechnet haben, muss ich sie enttäuschen. Aber ich bin Guido Tartarotti, falls Sie das meinen.“ Wir reichten einander die Hände nicht, denn, wie schon erzählt, wir befanden uns in einer Toilettenanlage, aber wir wechselten höfliche Worte und gingen als gute Bekannte auseinander.

Ich war in Linz, um dort gemeinsam mit KURIER-Kollegen eine Lesung abzuhalten. Unsere Chefredakteurin Martina Salomon las, ausgestattet mit einer Extraportion trockenen Humors,  aus besonders kurios unfreundlichen Leserbriefen vor, Oberösterreich-Redakteurin Claudia Stelzel-Pröll erzählte vom Familienleben, und Christoph Schwarz hatte wie immer die lustigsten Küchenrezepte der Welt im Angebot. Und natürlich war auch Dieter Chmelar mit, der einfach irgendetwas erzählte, aber das so lustig, dass sich das Publikum bog vor Lachen. Ich liebe solche Lesungen, sie sind eine herrliche Gelegenheit, unsere  Leser und Leserinnen zu treffen und miteinander zu lachen.

Nach seinem Auftritt redete Dieter Chmelar einfach weiter und das so lange, dass er seinen Zug Richtung Wien versäumte. Also nahmen meine Freundin und ich ihn im Auto mit. Und er redete immer noch. Tatsächlich hörte er bis Wien-Ottakring nicht auf, Vorträge zu halten, es war ein einziger Gedankenstrom, der einmal um die ganze Welt und durch alle Wissensbereiche führte. Wir kamen zwar nicht zu Wort, aber das Ganze war überaus unterhaltsam und lehrreich. Und immerhin wissen wir jetzt ganz genau, warum Dieter Chmelar auch „Mr. Telefonjoker“ genannt wird.

Guido Tartarotti

Über Guido Tartarotti

Guido Tartarotti wurde, ohne vorher um Erlaubnis gefragt worden zu sein, am 23. Mai 1968 zur Mödlinger Welt gebracht. Seine Eltern sind Lehrer, und das prägte ihn: Im anerzogenen Wunsch, stets korrekt und dialektfrei zu sprechen, glaubte er bis in die Pubertät, Vösendorf heiße eigentlich Felsendorf. Das Gymnasium Perchtoldsdorf, wo es damals u. a. eine strenge Einbahnregelung für die Stiegenhäuser gab, verzichtete nach einigen Verhaltensoriginalitäten seinerseits nach der fünften Klasse auf seine weitere Mitarbeit. Also maturierte er in der AHS Mödling-Keimgasse. 1990 begann er in der KURIER-Chronikredaktion. 1994 wurde er Leiter der Medienredaktion, ein Jahr darauf auch der Kulturredaktion. Beide Positionen legte er 2004 zurück, um wieder mehr Zeit zum Schreiben zu haben.

Kommentare