"ÜberLeben": Ich bin 36
Als mein Sohn Europameister wurde und meine Mutter eskalierte.
Meine Mutter ist dann doch nicht in den Wörthersee gesprungen. Und ob ich mich wirklich tätowieren lasse, muss ich mir noch gut überlegen. Aber es war ein schöner Tag in Klagenfurt. Wir werden ihn nie vergessen.
Mein Sohn ist 23 Jahre alt, seit mehr als zehn Jahren spielt er American Football. Vor einem Jahr ist er zu den Vienna Vikings gegangen und bekam dort einen Profivertrag für die neue European League Of Football. Am Beginn der Saison ließ ich mich auf eine Wette ein: Sollten die Vikings die Liga gewinnen, lasse ich mir die Rückennummer meines Sohnes – 36 – auf den Unterarm tätowieren. Meine Mutter, jugendliche 75 Jahre alt, erhöhte den Einsatz: Bei einem Sieg im Finale in Klagenfurt springt sie in den Wörthersee.
Nach einer beeindruckenden Siegesserie – meine Tochter gewann bei einer Lotterie im vollen Stadion auch noch einen Luftbefeuchter – standen die Vikings tatsächlich im Finale und die ganze Familie schlichtete sich ins Auto meiner Freundin, um nach Klagenfurt zu fahren. Der Gegner waren die Sea Devils aus Hamburg, eine bemerkenswert starke Mannschaft.
Meine Mutter und ich setzten uns in die allerletzte Reihe des riesigen Stadions – abergläubisch hatten wir erst im letzten Moment Karten gekauft, als der Finaleinzug feststand. Meine Mutter war so aufgeregt, dass sie eskalierte: Sie brüllte „Defense!“, tobte wegen Entscheidungen der Referees, erklärte den Sitznachbarn lautstark die Taktik und war einem Herzinfarkt nahe.
Dann hatten wir tatsächlich gewonnen, wir alle hatten Tränen in den Augen, als „We Are The Champions“ lief, und meine Mutter forderte nachdrücklich ihr Bad im See ein. Angesichts der Temperaturen (17 Grad das Wasser, 15 Grad die Luft) redeten wir ihr das aus, und jetzt suche ich eine schöne Schrift für „36“.
Guido Tartarottis Kabarettprogramm „GUITAR SOLO“ ist am 13. Oktober und 22. November im Theater am Alsergrund zu sehen und am 25. November im Kuga in Großwarasdorf.
Kommentare