Guido Tartarotti

"ÜberLeben": Fleisch, Rockmusik und Schlapfen-Weitwurf

Vom Friseur übers Muse-Konzert zum Gemeindefest

Meine Freundin und ich suchen unseren Friseur und lieben Freund S. auf, um uns die Haare mähen zu lassen. S. ist bester Laune, er sagt zu mir „Heute habe ich eine neue Idee für dich“ und verpasst mir einen mir bisher unbekannten Haarschnitt, aber ich beschließe, diesen schön zu finden. Aus der Küche neben dem Friseurladen duftet es höchst interessant heraus, S. hat Bolognese gekocht, er nennt sie aber „Balkanese“. S., der serbische Wurzeln hat, hat das Fleisch mit scharfer serbischer Wurst im Kochtopf eine Ehe eingehen lassen, das Ganze wird mit Weißbrot, serbischem Wein und unfassbaren Mengen Käse serviert und schmeckt fantastisch.

Ein paar Tage später ruft mich meine Freundin an und fragt, ob ich Lust hätte, spontan zum Muse-Konzert nach Wiener Neustadt zu fahren. Ich bin  mir nicht sicher, ob ich so spontan bin, vertraue aber darauf, dass es meine Freundin eh nicht ernst meint, weil ihr der Stauwahnsinn bei solchen Konzerten auf die Nerven geht, aber da kenne ich sie schlecht. Fünf Minuten später hat sie Karten gekauft und bald darauf stehen wir schon im Stau Richtung Stadion.

Das Konzert ist großartig, wir treffen zufällig die Cousine meiner Freundin, teilen uns Bratwurst und lachen uns schief über den langsamsten Getränkeverkäufer der Welt. Nach dem Konzert findet meine Freundin tatsächlich einen Schleichweg um den Stau herum, und seitdem singen wir jeden Tag „Compliance“, den großartigen neuen Hit von Muse.

Wieder einen Tag später stolpern wir ungeplant ins Gemeindefest unseres Wohnorts, bewundern den Bürgermeister beim Hula-Hoop-Wettbewerb und versuchen uns  im Schlapfen-Weitschleudern. Wir essen schon wieder etwas, diesmal Bratwurst mit Kartoffelsalat, weil die Pommes aus sind.

Und ja, zugegeben, das sind keine großen Abenteuer, aber uns haben sie wirklich Spaß gemacht.

Guido Tartarotti

Über Guido Tartarotti

Guido Tartarotti wurde, ohne vorher um Erlaubnis gefragt worden zu sein, am 23. Mai 1968 zur Mödlinger Welt gebracht. Seine Eltern sind Lehrer, und das prägte ihn: Im anerzogenen Wunsch, stets korrekt und dialektfrei zu sprechen, glaubte er bis in die Pubertät, Vösendorf heiße eigentlich Felsendorf. Das Gymnasium Perchtoldsdorf, wo es damals u. a. eine strenge Einbahnregelung für die Stiegenhäuser gab, verzichtete nach einigen Verhaltensoriginalitäten seinerseits nach der fünften Klasse auf seine weitere Mitarbeit. Also maturierte er in der AHS Mödling-Keimgasse. 1990 begann er in der KURIER-Chronikredaktion. 1994 wurde er Leiter der Medienredaktion, ein Jahr darauf auch der Kulturredaktion. Beide Positionen legte er 2004 zurück, um wieder mehr Zeit zum Schreiben zu haben.

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