
Diese Fleischer machten die Käsekrainer zur Kult-Wurst
Knackige Hülle und der warme, würzige Käse: Die Käsekrainer ist die Ikone der österreichischen Grillkultur. Wer die Wurst erfand und wer sie groß machte.
Da kann das T-Bone-Steak noch so mächtig auf dem Rost liegen und das Hirschfilet noch so zart braten – der wahre Star des Grilltags bleibt die Käsekrainer: rauchiges Aroma, knusprige Hülle – und vor allem dieser cremig-würzige, geschmolzene Käse aus dem Inneren.
Sie ist die Ikone der österreichischen Wurstkultur. Dabei ist die Käsekrainer jünger, als man vermuten könnte. Wie bei vielen Klassikern – von der Bosna bis zur Mozartkugel – gibt es verschiedene Versionen ihrer Entstehungsgeschichte. Was diese gemeinsam haben: Die Wurst tauchte in den 1970ern auf.
Gemeinhin gelten Herbert Schuh und Franz Thalhammer als ihre Erfinder. Diese Geschichte beginnt 1971 in Buchkirchen in Oberösterreich.
So entstand die Käsekrainer
Fleischermeister Schuh hatte damals enge Verbindungen zu den Vereinen im Trattnachtal, die zu Festen oft gegrillte Knacker gefüllt mit Käse servierten. Doch das gewisse Etwas fehlte. "Der Käse war zu weich, er rann viel zu schnell, die Wurst erinnerte an eine Berner Wurst ohne Speck", erzählt Schuh.
Zurück in seiner Fleischerei wandte er sich an seinen ersten Wurschter und Betriebsleiter Thalhammer: "Wir brauchen ein Produkt, das mehr hergibt!"

Herbert Schuh und Franz Thalhammer gelten als die Erfinder der Käsekrainer. Sie entstand Anfang der 1970er in Buchkirchen bei Wels.
©Voglhuber DanielSie tüftelten, probierten und verwarfen. Thalhammer: "Wir wollten eine Wurst, die sowohl kalt als auch warm gut schmeckt". Eine echte Allrounderwurst. "Die Käsekrainer musste in gebrühtem Zustand genauso gut sein wie beim Braten oder Grillen." Dazu musste der Käse, ein Emmentaler, zur Geltung kommen, ohne sich gleich beim Grillen zu verflüssigen und aus der Wurst zu quellen. Die fertige Wurst erhielt den Namen "Kasermandl", inspiriert von einem Tiroler Musikduo, das genauso urig und bodenständig war wie das Produkt selbst.
Würde man einen Cent für jedes Kilo weltweit bekommen, hätte ich jetzt ein schönes Sümmchen.
Das „Kasermandl“ wurde schnell zum Verkaufsschlager in der Region, vor allem in den großen Supermärkten rund um Wels. Doch dann soll es ein denkwürdiges Treffen gegeben haben, das der Käsekrainer zum landesweiten Durchbruch verhalf.
Wie die Käsekrainer in ganz Österreich berühmt wurde
"Wir hatten damals schon einen Einwiegecomputer, dabei war die Waage mit dem Rechner verbunden. Und den hat sich Franz Radatz, der schon eine große Supermarkt-Kette belieferte, angesehen", erinnert sich Thalhammer. Schuh habe diesen auf eine Jause eingeladen – Bier und "Kasermandl" inklusive. "Seither gibt es die Käsekrainer in ganz Österreich", sagt er und lacht.
Beim Wiener Familienunternehmen Radatz, dessen Produkt ebenfalls oft als Ursprung der Käsekrainer genannt wird, teilt der Chef und Sohn Franz Radatz junior danach gefragt mit: "Über die Entstehung der Käsekrainer gibt es viele Geschichten. Unser langjähriger Verkaufsleiter Helmut Brandl kann bestätigen, dass wir in Wien am Würstelstand die Ersten waren, die die Käsekrainer angeboten haben." Ein Quantensprung für die Kulinarik: "Das war vielleicht der entscheidende Faktor, warum die Wiener Würstelstandkultur nun UNESCO-Kulturerbe ist."
Das Rezept der Käsekrainer ist nicht geschützt. "Schon kleine Änderungen – etwa 20 Gramm mehr Schwein oder weniger Rind – ergeben eine andere Wurst", erklärt Schuh. "Wir hätten uns nur den Namen Kasermandl schützen lassen können."
Egal, mit welchem Rezept, die Wurst ging als Käsekrainer um die Welt. "Ich sah sie schon in Vietnam", erzählt Herbert Schuh. "Würde man einen Cent für jedes Kilo weltweit bekommen, hätte ich jetzt ein schönes Sümmchen."
Wir produzieren 13 Millionen Käsekrainer pro Jahr. Würde man alle diese Käsekrainer aneinanderreihen, könnten wir von Wien aus jede Außengrenze des europäischen Festlandes bis hin zum Nordkap erreichen.
Trotz ihres Erfolges lief es für Schuhs Fleischerei ab den 1980er-Jahren nicht mehr rund – ein Eigentümerwechsel eines wichtigen Supermarkts setzte dem Geschäft zu. Thalhammer wechselte in die Gewürzmittelindustrie, Schuh baute das Grillhendl-Service "Hendlpeter" auf – einen Namen, den er sich diesmal markenrechtlich sichern ließ. Auch heute noch treffen sich die beiden regelmäßig.
An der Käsekrainer haben sie sich nach all den Jahren nicht satt gegessen. "100 Kilo werden nicht reichen, die ich schon gegessen habe", meint Schuh.
Anstieg beim Absatz
Und der Hunger auf die Wurst ist ungebrochen: "Der Absatz unserer Käsekrainer ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Im vergangenen Jahr konnten wir dank starker Partner einen Mengenzuwachs von neun Prozent verzeichnen, und das in einem nicht ganz einfachen Marktumfeld bzw. allgemeinen Konsumklima", sagt Franz Radatz jun. 13 Millionen Stück sind es pro Jahr: "Würde man alle diese Käsekrainer aneinanderreihen, könnten wir von Wien aus jede Außengrenze des europäischen Festlandes bis hin zum Nordkap erreichen."
Und sogar einen Tag der Käsekrainer gibt es. Den ruft Radatz am 30. April gemeinsam mit ausgewählten Ständen in der Wiener Innenstadt aus. Eine Wurst mit Geschichte – und einer Zukunft, die noch lange nicht vom Grill ist.
Fakten
- Rechtsstreit: Slowenien wollte sich 2012 die landestypische Bezeichnung "Kranjska Klobasa" als geografisch geschützte Angabe eintragen lassen. Das hätte in Österreich das Ende der "Krainer" oder "Käsekrainer" bedeutet. Doch es kam zur Lösung: Österreich durfte die deutschsprachige Bezeichnung behalten.
- 13 Millionen Stück produziert alleine der Wiener Fleischhauer Radatz pro Jahr.
- 25 Prozent Käse waren in den „Kasermandln“ von Herbert Schuh und Franz Thalhammer, die 1971 entstanden. Dazu 25 Prozent Brät und 50 Prozent Fleisch.
Und wie wird die Käsekrainer am Grill gut?
"Ich grille sie nicht zu scharf, sondern mit zarter Hitze", sagt Herbert Schuh, der Anfang der 1970er die "Kasermandl" erfand. Sein Kompagnon Franz Thalhammer hält das für eine gute Möglichkeit: "Ich würde sie aber kurz vorbrühen, dann kann man mit mehr Hitze fahren."
Bei Fleischerei Radatz schwört man aufs "Stupfen"– die Wurst wird dabei mehrfach eingestochen. "Käsekrainer kann man kochen oder grillen. Aber ehrlich: In Wien wird sie fast immer gegrillt, am besten auf einer Platte oder in einer Pfanne", sagt Franz Radatz junior. Warum? "Wegen des Käsefußerls." So heißt die knusprige Kruste aus dem ausgelaufenen und karamellisierten Emmentaler.
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