"ÜberLeben": Der Sommer riecht nach Bratwurst
Grillen, bis das Gewitter kommt.
Nichts, behaupte ich, riecht so gut wie der Sommer. Der Sommer riecht nach frisch gemähtem Gras an einem heißen Tag. Der Sommer riecht nach Regentropfen auf heißem Asphalt. Der Sommer riecht nach Pommes frites im Freibad.
Und der Sommer riecht nach Bratwurst, die auf einem Griller ihrer Verspeisung entgegen schmurgelt.
Ich liebe Grillen. Ich habe keinen Garten, also grillen wir bei meiner Mutter, deren Garten ist immerhin so groß wie ein Badetuch. Ich bin ja ein untypischer Mann, ich überlasse das Grillen gerne den Frauen. Meine Mutter macht Feuer und erzeugt Glut, in einer Menge, dass man einen ganzen Ochsen grillen könnte. Sie grillt aber keinen Ochsen, sondern Schweinskotelett, Hühnerhaxerln, Käsekrainer, Spieße und natürlich ihren berühmten Fisch, meist Lachsforelle, manchmal auch Saibling.
Außerdem bereitet sie mindestens fünf Töpfe mit Salat zu. Meine Mutter ist eine begnadete Köchin.
Ich bin dafür ein hochbegabter Esser.
Mein Sohn ist gekommen, er ist quer durch Wien mit dem Fahrrad gefahren, tropft vor Schweiß, was ihn aber nicht daran hindert, alle Anwesenden zu umarmen und dabei zu befeuchten.
Nach dem Essen wird diskutiert, das ist in meiner Familie Tradition. Wir diskutieren über die Inflation, die SPÖ und über die besten Kriegsfilme von Stanley Kubrick und Terrence Malick. Währenddessen werden die letzten Würste verzehrt und wird der Salat mit Brot inhaliert.
Die Hunde sausen in der Zwischenzeit durch den Garten und betteln, ob sie Wurst haben könnten, Salat wollen sie nicht.
Auf einmal zieht am Himmel ein Gewitter auf, die ersten Tropfen fallen, und es duftet nach Sommer. Wir tragen das Essen ins Haus, und ich spüre: Das wird ein guter Sommer. Ein Sommer, wie er früher einmal war. Und die allerletzte Wurst schmeckt sogar ein bisschen eingeweicht ziemlich gut.
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