Tupperware steht kurz vor der Pleite

Tupperware in der Krise: Die Party könnte bald zu Ende sein

Tupperware steckt erneut in der Krise. Wie der US-Hersteller mit seinen Schüsseln und Gerätschaften dank Wohnzimmerverkauf in fast jeder Küche heimisch wurde.

In den 1960er-Jahren klassisch weiß, in den 70ern braun-orange, in den 90ern dann blau und zwischendurch auch mal rot oder schwarz: Vielleicht ist der Zuckerstreuer das generationsübergreifendste Tupperware-Produkt überhaupt. 

Tatsächlich eher einer Zuckermühle als einem Streuer nahekommend, findet sich diese "Puderfee" oder "Süße Müllerin", wie sie mitunter bezeichnet wurde, tatsächlich in unzähligen Haushalten - und, ja, es ist für manche das genialste aus dem Hause des bekannten Herstellers von Plastikgeschirr für praktisch jede Lebenslage im Haushalt. 

Unerreicht die Technik, mit einem handlichen Gehäuse, oben mit einem Sieb verschlossen und an der Unterseite mit einer kleinen Kurbel verbunden. Auf den Kopf gestellt und gekurbelt, versieht die Mühle verlässlich jedes Gericht mit feinem Zuckerstaub.

Die Produktpalette ist unüberschaubar

Solche Lieblingsprodukte finden sich im Sortiment von Tupperware - das die einen englisch korrekt "Tappawair", die anderen eingedeutscht "Tupperware" aussprechen - wie Sand am Meer. Sets aus bunten, stapelbaren Vorrats- oder Tiefkühldosen und Rührschüsseln, tragbare Behälter, mit denen sich auch große Torten sicher von A nach B bringen lassen, Mikrowellen- und mit der Zeit sogar Dampfgarer-Gefäße. Die Palette ist wahrlich unendlich. Dazu Jausenboxen, Trinkflaschen, Backmatten und Universalschäler

Aber alles aus einem speziellen, widerstandsfähigen und unverwüstlichen Plastik gefertigt. Und das ist wahrscheinlich mit ein Grund für den Niedergang des Klassikers. Als der Farmersohn Earl Silas Tupper das damals neue Material Propyethylen erkannte, kam dies allerdings einer Revolution am Sektor Küchengeschirr gleich. Leicht und unzerbrechlich im Gegensatz zu schweren Metall- oder Glasbehältern. 

Mit der "wonderlier bowl", der Wunderschüssel, lieferte er 1946 seinen bekanntesten Bestseller. In einer Zeit, als Kühlschränke noch nicht gängig waren, versprach die luft- und wasserdicht verschließbare Schüssel eine längere Haltbarkeit für Lebensmittel. Dazu kamen innovativ-kreative Haushaltsprodukte in fröhlich-bunten Farben - siehe Entwicklungen wie die Zuckermühle.

Tupperpartys fanden im Wohnzimmer statt

Wesentlich für den Erfolg waren aber noch andere Faktoren. Vor allem das von Mitarbeiterin Brownie Wise ersonnene System der "Tupperware Home Parties", bei denen Verkäuferinnen einer (lange Zeit ausschließlichen) Damenrunde die Produkte im Wohnzimmer vorführte. Kulinarische Häppchen der Dame des Hauses inklusive. "Aufregend" seien diese Tupperpartys ihrer Mütter in der Kindheit gewesen, erinnern sich Kinder der 70er- bis in die 90er-Jahre. Und veranstalteten später selbst Partys mit ihren Freundinnen. Wise' Konzept der emotionalen Bindung zum Produkt und des Direktvertriebs funktionierte über Jahrzehnte. 

Vorgeführt von Frauen wie du und ich, die gleich auch alle Vorzüge präsentierten und einen mitreißend in die richtige Handhabe neuer Produkte einführten, war der Erfolg garantiert. Und seien wir ehrlich: Stabile und verschließbare Schüsseln, samt Ersatzgarantie über viele Jahre kann man schließlich immer brauchen. Und in einer großen Rührschüssel gelingt sogar ein Germteig perfekt. Drei Mal ploppt die verschlossene Schüssel, fertig ist der Teig. Weshalb sie liebevoll "Peng-Schüssel" genannt wird. Falls sich ein gestörtes Verhältnis zu Germteig entwickeln sollte: Die Schüssel taugt auch für Rührteige oder als Salatbehältnis.

Fast jeder verbuchte Fehlkäufe

Und wohl fast jeder kann auf der anderen Seite von Gerätschaften berichten, die nach anfänglicher Begeisterung jahrelang dann ein einsames Dasein im Küchenkastl fristeten. Etwa Kannen für kalte Säfte oder solche für die Mikrowelle. Wobei Letztere ein Wunderding sein soll, das sich fürs Kuchenbacken oder Puddingkochen eignete. Kein besonderer Erfolg scheint auch einem Dekorier- und Spritzset namens "Mozart" beschieden zu sein. Gar nicht zu reden von Teigrollern, die dem guten, alten Holz-Nudelwalker nicht das Wasser reichen können, oder Spritzschutzaufsätze für Rührschüsseln. 

Doch dann dürfte sich das Unternehmen den Zug der Zeit übersehen haben, in Zeiten des massiv zunehmenden Onlinehandels funktionierte das einstige Erfolgsmodell immer weniger. Dazu kamen neue Gewohnheiten - Plastik (auch BPA-freies, wie Tupperware seit Jahren betont) ist out, Materialien wie Glas, Metall und Holz feierten ihre Rückkehr in die Küchen. Da half auch der Schritt zum Onlineverkauf und in große Supermarktketten nicht mehr wirklich. Aber bewährte Tupperware-Utensilien wie Zuckermühle oder Peng-Schüssel, die erzählen weiterhin von Tupperware - und den Geschichten aus den Küchen mehrerer Generationen.  

Ingrid Teufl

Über Ingrid Teufl

Redakteurin im Ressort Lebensart. Gesundheit, Wellness, Lifestyle, Genuss. Seit 1997 beim KURIER, Studium Geschichte/Publizistik, Germanistik, Politikwissenschaften [Mag.phil.] Mag Menschen, Landschaften und Dinge, die gut tun, gut schmecken, gut riechen, neu sind.....und darüber schreiben.

Kommentare