Tolle Knolle: Warum bei uns bald weiße Trüffel wachsen könnten

Experten möchten mithilfe eines neuen Vereins Österreichs Trüffel schützen. Sie erklären wie die Zucht im eigenen Garten gelingt und warum bald weiße Knollen im Alpenland wachsen könnten.

Der angenehm süße Duft von Heu und Honig lässt das Herz von Gourmets höherschlagen – für Tuber magnatum, den teuersten Pilz der Welt, müssen Feinschmecker in Europa bis zu 5.000 Euro bezahlen. Wie es um die Ernte der weißen Trüffel in Südeuropa heuer bestellt ist, wird sich erst in den kommenden Wochen zeigen.

Zu schaffen macht der Knolle der Klimawandel: "Sollte der September keine starken und regelmäßigen Regenschauer mit sich bringen, wird die Saison 2022 noch ärmer als das vergangene Jahr 2021 ausfallen, das wir Experten bereits als den katastrophalsten jemals erlebten Jahrgang bezeichnet hatten", erklärt Trüffel-Experte Luca Miliffi.

Zucht von weißen Trüffeln

Weiße Trüffel

©APA/AFP/DAMIR SENCAR

Neben Wildpopulationen boomen hierzulande Trüffelplantagen – und vielleicht wächst im Zuge der Klimaerwärmung eines Tages auch die Königin aller Trüffelsorten, die bisher nur in Gegenden wie dem Piemont (Alba), in Istrien oder Dalmatien zu finden ist, auch bei uns. Vor diesem Hintergrund hat Miliffi den "Trüffelverein Österreich" gegründet, um die weiße Trüffel und generell das Thema Anbau bekannter zu machen.

Denn in diesem Sommer gelang es Wissenschaftern des französischen Nationalen Forschungsinstituts für Landwirtschaft, Ernährung und Umwelt erstmals, 26 weiße Trüffel erfolgreich zu züchten. Versuche im großen Stil waren zuvor stets gescheitert.

Der Mykologe Alexander Urban impft mit seinem Geschäftspartner Tony Pla sehr erfolgreich Jungbäume mit dem Trüffelmyzel von schwarzen Sorten und zieht die Pflanzen ein bis zwei Jahre in einem Gewächshaus auf (trueffelgarten.at).

Er stimmt zu: "Es spricht nichts dagegen, dass es eines Tages weiße Trüffel auch bei uns geben wird, wenn man die richtigen Böden findet. Die Zucht ist aber noch sehr experimentell. Bei anderen Trüffelarten konnten wir in den letzten Jahren grundlegende, vielfach positive Erfahrungswerte sammeln."

Arten in Österreich

In Europa sind 30 Arten der Echten Trüffel heimisch, davon wachsen fünfzehn in Österreich, wovon wiederum nur vier Arten kulinarisch interessant sind: nämlich Burgundertrüffel, Wintertrüffel, Weißer Frühlingstrüffel und Gekrösetrüffel. Die Knollen lieben kalkreiche Böden sowie Haseln, Schwarzkiefern, Buchen und Eichen – mit diesen Bäumen und Sträuchern gehen sie gerne eine Symbiose ein.

©APA/AFP/VALENTINE CHAPUIS

Sowohl zum Suchen als auch zum Pflanzen sind Oktober und November die beste Zeit bei uns: Nur in Kärnten ist das Sammeln von allen unterirdisch wachsenden Schlauchpilzen verboten. Österreichweit darf das schwarze Gold in Natur- und Europaschutzgebieten, Kernzonen eines Nationalparks sowie Naturzonen eines Biosphärenparks nicht gesammelt werden.

Bereits mehr als 90 Prozent der Périgord-Trüffeln weltweit stammen von Trüffelplantagen. Urban kalkuliert für einen Hektar Plantage Investitionen in der Höhe von 20.000 bis 30.000 Euro.

Wärmere Temperaturen alleine begünstigen noch keinen Wachstum: "Situation heute ist vollkommen anders als vor 20 Jahren, als wir begonnen haben: Damals haben wir gedacht, es reicht aus, wenn man klimafitte Baumarten auswählt, die nicht viel Wasser verbrauchen, und auf schonende Bodenbearbeitung setzt. Mittlerweile kann man das vor allem in Ostösterreich nicht mehr so sagen. Wenn man Erträge einplanen möchte, empfehlen wir eine Bewässerungsmöglichkeit."

Niederschlag

©www.trueffelgarten.at

Auch Natürliche Populationen kommen angesichts der klimatischen Veränderungen unter Druck: "Man darf die Niederschläge in Istrien nicht unterschätzen: In vielen Regionen nahe der Adria gibt es höhere Niederschlagsmengen als in Wien."

Für den Mittelmeerraum und das Pannonikum werden infolge des Klimawandels jedoch geringere Niederschlagsmengen bei steigenden Temperaturen prognostiziert.

Top 3 Trüffel-Events

Tartufo Totale

Markt für frische Trüffel sowie ein Pop-up-Restaurant.

Info: Vienna Ballhaus, Berggasse 5, 1090 Wien, 22. 10., 23. 10., 8-20 Uhr, alle Details hier

Trüffelmarkt Thallern

Freitags und samstags ein Trüffelmarkt. 

Info: Klostergasthaus Thallern, 2352 Gumpoldskirchen, ab 22. 10., 11-17 Uhr, Details demnächst hier

Trüffelfestival Graz

Trüffelmarkt und geführte Trüffelwanderungen.

Info: 24. 10.-6. 11., 10:30-18:30 Uhr, alle Details hier

Die Entwicklungszeiten der Fruchtkörper verschiedener Pilzarten unterscheiden sich stark: Champignons und Parasole brauchen nur zwei bis drei Wochen nach dem großen Regen. Trüffel haben hingegen eine Entwicklungszeit von mehreren Monaten. Das heißt, in dieser Zeit darf es nicht zu trocken werden. Vor leichter Trockenheit sind sie durch den Wuchs unter der Erde jedoch gut geschützt.

Bei der Burgundertrüffel (auch Sommertrüffel genannt) die sich hierzulande für den Anbau besonders eignet, gibt es gibt es im relativ warmen Klima Ostösterreichs eine Ernte im Sommer und eine zweite im Spätherbst - wenn es nicht zu trocken ist.

"Von der Erntemenge auf die Fläche umgerechnet hatten wir heuer im Sommer eine so schöne Ernte wie noch nie, da die Niederschläge in der Region Herzogenburg günstig verteilt waren."

Aromen

Alles über die Knolle

Delikatesse
Das Trüffelschwein hat schon lange ausgedient. Heute suchen Hunde, die nur reife Knollen ausgraben und von der Beute auf Kommando ablassen

Sprache
Das Wort stammt vom Französischen truffle – das Lateinische tuber bedeutet Beule, Schwellung

Gleba
So heißt das marmorierte Fleisch im Querschnitt

Bedeutung
Bei den Alten Römern und Griechen galten die Pilze als Aphrodisiakum, im Hochmittelalter symbolisierten sie die Sünde 

1770 startet
Frankreich mit dem Trüffelhandel 

Im Gegensatz zu weißen Trüffeln lassen sich die Aromen von schwarzen Sorten am besten durch Erhitzen – zum Beispiel in einem Risotto – wahrnehmen. Deswegen werden Périgord- oder Burgundertrüffel als Zutat im Gericht verwendet. Zum Abschluss kommen Späne auf die Speise, um alle Sinne anzusprechen.

Anita Kattinger

Über Anita Kattinger

Leidenschaftliche Esserin. Mittelmäßige Köchin. Biertrinkerin und Flexitarierin. Braucht Schokolade, gute Bücher und die Stadt zum Überleben. Versucht die Welt zu verbessern, zuerst als Innenpolitik-Redakteurin, jetzt im Genuss-Ressort.

Kommentare