Marktgeschichten

So besticht die Stachelbeere als Tiramisu

Marktgeschichten Folge 27: Die Stachelbeere ist eine altmodische Frucht und ziert bei uns mit ihren schönen Blättern jeden Bauerngarten.

Nach einer lauen Tropennacht taucht die Morgensonne den Markt bereits zu früher Stunde in hochsommerlichen Glanz.

„Sommer in der Stadt, wie herrlich!“, denke ich mir, als ich mit meinem Weidenkorb über den Bauernmarkt spaziere. Die Bäuerinnen haben ihre Gärten geplündert und farbenfrohe Sträuße gebunden: gelb-orange Ringelblumen wetteifern mit bunten Gladiolen und fliederfarbenem Phlox um den Platz als schönste Sommerblume.

Mein Blick fällt auf burgunderrote Stachelbeeren, „Ågråseln aus meinem Garten“, lacht mich die junge Marktstandlerin an, diesen altmodischen Ausdruck habe ich seit Jahren nicht mehr gehört.

Eine ältere Dame, die einen Strohhut mit blauem Band trägt, schaut interessiert auf. „Dieser Name war früher gebräuchlich, er kommt vom alten Klostergartenlatein“, erklärt sie uns, „da heißt die Stachelbeere Ribes grossularia“. Die alten Mönche wussten schon, wie gesund das Beerenobst ist und bauten es seit dem 16. Jahrhundert an, darum auch der Name „Klosterbeeren“.

Es gibt gelbe, grüne und rote Sorten, ihre Säuren sind gut für die Verdauung und viele Ballaststoffe haben sie obendrein. Die Stachelbeere ist eine raue Gesellin, sie wächst bis 1.700 Höhenmeter, nur im Mittelmeerraum ist sie nahezu unbekannt.

Zurück zum Marktstand. „Für uns Kinder hat die Oma immer Kompott aus Stachelbeeren gekocht“, erzählt ein junger Mann seiner kleinen Tochter, die in ihrem Kindersitz vor ihm auf dem Rad mitfährt. „Ich habe Familie in England, dort sind Stachelbeeren das nationale Lieblingsobst“, sagt die Standlerin. Da fällt mir die berühmte englische Nachspeise „Gooseberry fool“ ein – Stachelbeeren geschichtet mit Schlagoberscreme.

Über Nicole Ott

Kommentare