Warum der Prosciutto di Parma in Gefahr sein könnte
Der Rohschinken aus der Region Parma gilt als der bekannteste Italiens und als Delikatesse. Nun stehen Hersteller vor Problemen.
Er zählt unbestritten zu jenen Produkten, die das typische italienische Lebensgefühl ausmachen: Der berühmte italienische Rohschinken Prosciutto di Parma schmeckt nicht nur besonders. Mit einigen der dunkelroten, hauchdünn aufgeschnittenen Scheiben lässt sich schon mit wenigen Handgriffen eine genussvolle - kleine oder größere - Mahlzeit herstellen. Doch nun könnte die gefragte Delikatesse in Gefahr sein.
Strenge Kriterien gelten für die Produktion
Prosciutto di Parma zählt zu den bekannten Rohschinken der Welt und verfügt über eine geschützte Ursprungsbezeichnung: Nur Schinken, der spezielle Qualitätskriterien erfüllt, aus der norditalienischen Region rund um Parma, darf als Prosciutto di Parma bezeichnet werden. Bereits 1970 wurde erstmals ein Gesetz für die Herstellung des Parmaschinkens verabschiedet.
Die Schweine müssen etwa aus genau definierten Regionen stammen, der Schinken darf nur durch die Behandlung mit Salz und Lufttrocknung entstehen. Darüber wacht das Consorzio del Prosciutto di Parma. 131 Hersteller sind heute darin vertreten, als Gütesiegel dient eine fünfzackige Krone, die man auch in Österreich auf den Verpackungen findet.
Zu heiße Nächte: Klimaanlagen für den Schinken
Die Produzenten des italienischen Qualitätsprodukts stehen aber vor neuen Herausforderungen. Einerseits durch den Klimawandel. In den Nächten kühle es nicht mehr so ab, wie die perfekte Reifung und den Geschmack des Schinkens ausmache, heißt es. Immer öfter investieren die Produzenten daher in Klimaanlagen.
Andererseits macht ihnen aktuell eine Krankheit zu schaffen, die die Schweine befällt. Die sogenannte Afrikanische Schweinegrippe (ASP) ist seit einigen Jahren auf dem Vormarsch und breitet sich auch in Italien aus. Für den Menschen ist sie ungefährlich. 2021 wurde die hochinfektiöse Krankheit, die in 95 Prozent der Fälle zum Tod der Tiere führt, erstmals in der Lombardei festgestellt. Seither mussten rund 200.000 Schweine getötet werden. Allein 2024 waren es bereits 90.000.
Wichtiger Exportmarkt sind die USA
Verbandspräsident Alessandro Utini versicherte bereits im Frühling, dass Produktion und Export gewährleistet seien. Nach Italien sind die USA der größte Parmaschinken-Markt, rund ein Drittel der mehr als sieben Millionen pro Jahr produzierten Schinken werden dorthin exportiert.
Wenn jedoch weniger Schweinekeulen wegen der Afrikanischen Schweinepest zur Schinkenproduktion zur Verfügung stehen, wird sich das auf den Preis der Delikatesse auswirken, befürchten manche. Der Sender CNN zitierte kürzlich Produzent Stefano Borchini, der von einem Rückgang von acht Prozent spricht. Das Angebot sei geringer als die Nachfrage.
Uralte Technik wurde perfektioniert
Das Haltbarmachen von Fleisch durch Einsalzen, also Pökeln, ist ja an sich eine uralte Technik, die auf der ganzen Welt seit vielen Jahrhunderten und länger (auch die Römer salzten schon Schweinekeulen ein, das ist spätestens seit dem 1. Jahrhundert v. Chr. belegt). Was den Prosciutto di Parma so besonders macht, sind die Bedingungen in der Region rund um Parma: Warme Tage, kühle Nächte, eine besondere Luftfeuchtigkeit.
Auch ein stetiger Luftstrom, der den Schinken 12 bis 24 Monate trocknet, ist ein Kriterium. Laut Gesetz müssen es aber mindestens 14 Monate sein. Das Ziel: "Die Schweinekeulen mit Meersalz so zu verarbeiten, dass der Schinken mild und zart wird", beschreibt man den Prozess beim Parmaschinken-Konsortium.
Kühle Nächte, warme Tage - und leichter Wind
Das ist ein langwieriger Prozess, bei dem mit feuchtem und trockenem Meersalz, Kühle und höheren Temperaturen gearbeitet wird. In den unterschiedlichen Reifungsphasen "laufen wertvolle biochemische und enzymatische Prozesse ab, die letztlich die charakteristischen Aromen des Parmaschinkens wie sein typischer Duft und Geschmack und die leichte Verdaulichkeit bestimmen".
Während der langen Reifungsphase verliert der Schinken außerdem von Natur aus bis zu einem Viertel seines ursprünglichen Gewichts. Wenn dann auch noch weniger Schweinekeulen durch die Afrikanische Schweinepest zur Verfügung stehen, versteht man die Sorge von Produzenten und Prosciutto-di-Parma-Liebhabern um dieses "gewichtige" Problem.
Rohschinken weltweit
Die Herstellungsweise, Schweinefleisch durch Lufttrocknung haltbar zu machen, ist in vielen - vor allem südlichen - Regionen seit vielen Jahrhunderten bekannt.
Andere Techniken zur Haltbarmachung sind Räuchern oder Kochen, die in kühleren Regionen - auch in Österreich etwa für Speck - eine lange Tradition haben.
Der Prosciutto di Parma zählt zu den bekanntesten Rohschinken weltweit. Ähnlich bekannt ist der Prosciutto di Daniele, der ebenso aus Norditalien stammt.
Die Rohschinken-Tradition ist auch in Spanien wohlbekannt. Serranoschinken (Jamón Serano) und Ibérico-Schinken (Jamón Ibérico) zeichnen sich ebenfalls durch ihre spezielle Herstellungsweise - unter anderem eine sehr lange Trocknungsphase - aus. Der Unterschied der beiden liegt grob gesagt in den Schweinen.
Serranoschinken wird üblicherweise aus den Hinterkeulen von normalen spanischen Hausschweinen hergestellt. Ibérico-Schinken hingegen darf nur vom iberischen Schwein, einer eigenen Rasse, produziert werden. Das betrifft auch Schinken, der vom Duroc-Schwein hergestellt wird.
Kommentare