
Sonne, Salz und Sterne: Europas Spitzenköche begeistern im Süden
Greek Chefs Abroad: Wenn die besten Köche Europas im Sommer auswärts kochen, schmeckt das nach der großen Freiheit.
Von Nicola Afchar-Negad
Strahlend weiße Kochjacken, gleißendes Sonnenlicht – und überall schallendes Gelächter. "Sardinen. Gurke. Joghurt." Oder „Rote Garnelen. Metaxa. Gefüllte Zwiebeln. Kalamansi.“ Dieses Zutaten-Stakkato entstammt einer Menüfolge, die es so nur einmal gegeben hat. Am 13. Juli 2024 in Korfu. Der Koch: der Wahl-Wiener Konstantin Filippou, über dessen Innenstadt-Restaurant zwei Michelin-Sterne funkeln.
Im vergangenen Sommer war er Teil der Kulinarik-Reihe „Greek Chefs Abroad“, die – der Name sagt es – Köche mit griechischen Wurzeln für ein Gastspiel in das Land bringt, das zumindest einen Teil ihrer Identität ausmacht. „Toll“ sei es gewesen, erinnert sich Manuela Filippou, die ihren Mann begleitet hat. „Konstantin hat seine Variante der Österreichisch-griechisch-mediterranen-Küche präsentiert“, erklärt sie kurz zwischen Restaurant-Tür und -Angel. „Und er hat sogar österreichische Produkte mitgenommen, zum Beispiel Gegenbauer-Essig.“
Diesen Sommer steht die fünfte Saison von „Greek Chefs Abroad“ an, auf Einladung der „Mar-Bella Collection“, eine Hotelkette. Fünf Ausnahmeköche folgen ihrem Herdtrieb auf die griechischen Inseln Korfu und Parga und servieren ein mehrgängiges Tasting-Menü.
Sie fliegen aus Amsterdam, Mailand, Frankreich, Helsinki und Deutschland ein, um zu zeigen, wie sich griechische Wurzeln und internationale Flügel ergänzen. Ohne Frage ein Ausnahme-Festival, wobei man nicht umhin kommt zu bemerken: Die griechische Küche ist im Sommer generell stark vertreten. Auch in Kroatien beispielsweise.
Das „Bava Greek“ hat bereits im März als Pop-up-Restaurant im Hotel „Bellevue“ auf der Insel Losinj eröffnet – und wünscht dort mit Surf & Turf Souvlaki und dem grünen Galatopita-Kuchen den Kroatien-Urlaubern „Kalispéra“. Am nach einigen Monaten vermutlich nicht mehr so ganz fremden Herd: Thanos Feskos, auch er ein Michelin-Koch.
„Bellevue“-Executive Chef Roko Nikolić setzt im Hauptrestaurant des Resorts derweil weiterhin auf japanische Kreationen und zieht ein erstes Resümee: „Die mediterrane Esskultur ist sehr vielfältig, aber was verlässlich verbindet, sind die Emotionen, die rund um die Zubereitung, das Servieren und gemeinsame Verzehren der Gerichte entstehen. Wir alle genießen nach einem guten Mittagessen unsere fjaka, eine leichte Mittagsruhe.
In Griechenland nennt man diese messimeri. Wir kommen zwar aus unterschiedlichen Ländern, aber einige Traditionen und Gewohnheiten gelten wohl universell.“ Und Feskos ergänzt: „Eines Abends mussten wir sehr lachen, als wir feststellten, dass wir beide fast die gleiche Mischung an Kräutern für einen einfachen Sonntagsbraten verwenden, nur mit unterschiedlicher Bezeichnung.“
Essen verbindet eben – auch die, die’s machen. Auch ein Stückerl weiter gen Westen, auf Ibiza, ist die Saison gestartet – und zwar, wie man es sich auf der Balearen-Insel vorstellt: mit ordentlich Karacho.
Die Balearen-Boheme Beispiel „Party with the chefs“ im „Oku“-Hotel, das für eine neue Ära von ungezwungenem Luxus steht. Strahlende Köche, die am Outdoor-Grill vor Palmenhintergrund fuhrwerken, leicht bekleidete Tänzerinnen und gefühlt ausnahmslos schöne Menschen im goldenen Abendlicht, das Event zelebriert jedes Jahr im Mai den Ibiza-Mythos. Wer nicht auf der Gästeliste stand, ist auf Ibiza trotzdem richtig, wenn es ein bisschen mehr sein darf – gerne auch im Sinne von mehr Qualität.
Das Amsterdamer Restaurant „Nela“ hat sich im „7Pines Resort“ ausgebreitet – und bleibt noch bis in den Frühherbst hinein. Die Auf-der-Klippe-Location an der etwas ruhigeren Westküste: spektakulär. Die Küchenlinie: spielt mit dem offenen Feuer. Die Highlights: Austern mit fermentiertem Chili und geräuchertem Öl oder Jakobsmuscheln, die mit Blutorange und Grapefruit koalieren.
Was Sommer-Residenzen wie diese so stimmig machen: der Faktor Natur. Die Jakobsmuscheln sind in Amsterdam mit Sicherheit um keinen Deut schlechter, aber die Atmosphäre auf Ibiza: ein Gedicht! Es schmeckt nach Sommer, nach Freiheit und Leichtigkeit. Mehr geht nicht.
Monaco: Prestige & Prunk Und dann gibt’s natürlich noch die Liga für sich – Monaco und das „Festival des Étoilés Monte-Carlo“. Selbst wer sich im Fine Dining-Segment nicht so sicher bewegt, wie ein Marco Odermatt auf Skiern, kennt diese Namen: Alain Ducasse und Albert Adrià – zwei der ganz Großen im Geschäft. Ersterer gilt als „Multi-Stern“-Koch, der ein ganzes Gastro-Imperium hochgezogen hat und seit 2008 die monegassische Staatsbürgerschaft hat.
Das „Le Louis XV“ – man assoziiere weiße Tischtücher und Handschuhe, runde Bankett-Tische und königliches Ambiente – trägt dann auch den Namen Alain Ducasse im Zusatz, obgleich aktuell Emmanuel Pilon die Küche des Prestige- und Prunk-Restaurants leitet. Das „4 Hände-Dinner“ mit dem Spanier Adrià gibt’s am 20. Juni um 750 Euro pro Person, Weinbegleitung ist zumindest inbegriffen – und Ducasse soll vor Ort sein.
Am 18. Juli folgt dann die einzige Frau, die wir in der Herd-Rochade ausfindig machen konnten. Die Französin Anne-Sophie Pic kollaboriert mit Marcel Ravin in dessen Restaurant Blue. Frauen sind nach wie vor selten in diesem Geschäft. Letztes Jahr durfte man auf Ibiza im Restaurant „Niko“ (Hotel „The Hyde“) die Kreationen der Thailänderin „Chef Pam“ bewundern. Wer sie nicht kennt: Pam Pichaya Soontornyanakij gilt als beste Köchin Asiens.
In Sachen Frauenanteil, liebe Veranstalter, könnte man jedenfalls noch nachjustieren.
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