Trends: Ein Kommen und Gehen

Kein Trend ohne Gegentrend: Weltweit will man heute authentische Weine, die Flagge zeigen.

Die Versuchung, Trends zu folgen ist naturgemäß groß – verspricht man sich davon doch Erfolg und Zugehörigkeit. Ein zweischneidiges Schwert: Zwar bringt man träge Gäule auf Trab, verliert aber an Identität. So erlagen ganze Weinbauregionen den Verlockungen launiger Moden. Etwa im Chianti, wo man drohte, völlig die Orientierung zu verlieren. In den 1970er-Jahren büßte Chianti dermaßen an Image ein – Stichwort Korbflaschen mit dem treffenden Namen „fiasco“–, dass einzelne Produzenten auf die Herkunftsklassifizierung DOC pfiffen und fortan Tafelweine nach Bordeaux-Vorbild bastelten. Sangiovese wurde mit internationalen Sorten wie Cabernet Sauvignon aufgepeppt oder ganz ersetzt. Die Stilkopien wurden zum Hype und kursierten als Supertuscans unter so klingenden Namen wie Tignanello, Sassicaia, Ornellaia oder Solaia, die man zunehmend um Bolgheri im Süden der Toskana anbaute. Gaumenschmeichler, die hübsche Bewertungen und Umsätze bescherten.

Chianti büßte in den 1970ern enorm an Image ein. Stichwort Korbflaschen mit dem treffenden Namen ,fiasco’.

Der Preis war hoch: Charakterverlust bis zur völligen Verwechselbarkeit. Selbst das Chianti Classico Konsortium beugte sich dem Diktat der Mode und erlaubte, die Weine mit Cabernet & Co. aufzumotzen. Doch kein Trend ohne Gegentrend: Weltweit will man heute authentische Weine, die Flagge zeigen. Das bemerkte man auch im Chianti: Kleine Winzer zeigten es vor und selbst manch berühmter Name kehrt nun reumütig zu Sangiovese traditioneller Machart und anderen alten, regionalen Sorten zurück. Bis zum nächsten Trend zumindest.  

Christina  Fieber

Über Christina Fieber

Christina Fieber kommt aus Salzburg und arbeitet als freie Weinjournalistin in Wien.

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