Flaschenpost: Glasweise
In punkto Glaskultur hängte Österreich die großen Weinnationen, wie Frankreich, Italien oder Spanien früher ab.
Keine Frage: In Sachen Kulinarik waren uns Frankreich, Italien oder Spanien um Lichtjahre voraus. Auch önologisch hatten sie klar die Nase vorn. Herrschte hierzulande noch die Maxime „mehr ist mehr“, galten etwa die besten Weinmacher Frankreichs als Meister der Reduktion. Das Erfolgsrezept: wenig, gut und teuer.
Allmählich entdeckten auch heimische Winzer, dass die Maßeinheit für Wein nicht Hektoliter heißt und erkoren Qualitätsstreben zur neuen Tugend – vom Hang zur Übertreibung vermochten sie sich hingegen zögerlich zu lösen. Man erinnert sich mit Grauen an die ersten im Barrique ausgebauten Gewächse in den Geschmacksrichtungen „Eiche rustikal“ und „Fichte furniert“ oder im Keller konzentrierte Rotweine, dick und dunkel wie Powidl – und meist ebenso süß.
Selbst in der Champagne musste man einsehen, dass Sprudel aus aschenbecherdicken Flöten keine herausragende Kulturleistung bedeutet.
Heute ist das um vieles besser. Nur punkto Glaskultur hängten wir die großen Weinnationen damals bereits ab: Trank man dort die feinsten Gewächse aus klobigen Humpen, kaum größer als Fingerhüte, tüftelten bei uns Heerscharen von Experten am perfekten Weinglas – mundgeblasen und hauchzart – passend für jeden Weintyp. Auch wenn die Franzosen sich zunächst bockig gebärdeten, wollten sie sich doch von den in ihren Augen genussuntauglichen Österreichern nicht die Weinwelt erklären lassen, gaben schließlich auch sie klein bei. Selbst in der Champagne musste man einsehen, dass Sprudel aus aschenbecherdicken Flöten keine herausragende Kulturleistung bedeutet. Nur: mittelmäßige Kreszenzen werden auch im perfekten Glas nicht zur Offenbarung.
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