Kochtipp: Diese Blüten eignen sich für den Teller
Der Nutzgarten und der Ziergarten nähern sich einander an, das Schöne ist eben nicht nur für das Auge bestimmt.
Von Ingrid Greisenegger
Auch die schönsten Blüten sollen nicht nur mit den Augen verschlungen, sondern auch wirklich gegessen werden. So wird man dem Begriff "Augenschmaus" auch wirklich gerecht. Man kann es natürlich auch übertreiben.
Stephen Barstow ist so einer, der sich mächtig ins Zeug legt, wenn es gilt, Blütensalate in weltrekordverdächtiger Vielfalt zu mixen. Der in Norwegen lebende Biogärtner und Buchautor hat gleich 537 Pflanzen, die sich eignen, als ästhetisch-kulinarische Überraschung aufgetischt zu werden, in einem riesigen Salat vereint, darunter eine Vielzahl an Blüten und Knospen. Wer ihm nacheifern will, sollte sich für seine Blütensalat-Experimente zunächst einmal im eigenen Garten oder auf dem Balkon umsehen.
Vieles, das man bisher nur als Zierpflanze wahrnahm, ist nämlich essbar. Zum Beispiel die säuerlich schmeckenden Blütenköpfe der Begonien, die auf der Zunge zart schmelzenden Kosmeen oder die erfrischend scharfen der Kapuzinerkresse. Als Farbeffekt kommt dann noch blau oder weiß blühender Borretsch aus dem Gemüsebeet hinzu. Knapp vor dem Aufblühen stehende Knospen der Taglilien eignen sich ebenfalls hervorragend für einen Mix mit Blatt- und Kräutersalaten.
Johann Reisinger, ein Pionier der österreichischen Blütenküche, hat für diese Blütensalatkompositionen ein spezielles Dressing entwickelt. Zuerst werden die Blüten mit etwas Honig beträufelt, was deren Duft verstärkt. Zitronensaftspritzer verleihen dem Salat seine frische Note und Weintraubenkernöl importiert zarten Weintraubengeschmack. Noch fehlt es vielen an Worten, das neue Verkostungserlebnis treffend zu beschreiben. "Wir müssen dafür erst einen kreativen Wortschatz entwickeln, wie beim Wein", meint Wolfgang Palme, Leiter der City Farm Augarten, wo man sich auch auf Blütendinner versteht.
Dann führt er einige der winzigen Blütenblätter der Parakresse in den Mund. Er nimmt nur wenige, denn er weiß, dass schon sehr kleine Mengen ein intensives Geschmackserlebnis bieten: "Saftig, sehr erfrischend. Ein Kribbeln auf der Zunge und auf den Lippen. Ein starker Impuls für die Geschmacksknospen." Das kleine Blütenköpfchen der Parakresse gehört, trotz des Farbakzents von gelben Außenblättern und einem tiefroten Zentrum, zu den unscheinbaren Erscheinungen im Hausgarten, die am Boden entlangkriechen. Dem Blütenbuffet verleiht es dann aber die begehrte schräge Note.
Auch Knollenbegonien mit ihren üppigen Blütenständen in Rosatönen erfreuen nicht nur als ästhetische Signale, sondern sind auch geschmackliche Anreger: saftig, frisch, säuerlich. Sie passen gut zu kühlenden Sorbets beim Sommerbuffet. Heckenrosen erinnern im Geschmack an Wildkirschen. Spezialitätenkoch Reisinger verwendet deren gelbe Staubgefäße als Safranersatz. Er schätzt auch den kulinarischen Umgang mit den samtigen, fleischigen Blütenblättern der Taglilien. Manche sind süß, mit pfeffrigem Abgang. Eine Anwendungsmöglichkeit ist das kurze Anbraten im Wok. Empfohlen wird aber, die Staubgefäße wegzulassen.
Von den Dahlien über Kosmeen und Kornblumen laden viele Zierpflanzenblüten zum Verspeisen ein. Doch Finger weg von Blumen unbekannter Herkunft. Die, die auf dem Teller landen, müssen chemisch ungespritzt sein. Bei der Blütenpracht aus dem Blumenladen ist das leider keine Selbstverständlichkeit. „Denn im Gegensatz zum Gemüseanbau,“ warnt Experte Wolfgang Palme, „gibt es im Zierpflanzenbereich keine gesetzliche Regelung für Wartezeiten nach chemischer Schädlingsbekämpfung.“ Bisher wurden diese aber auch kaum verspeist.
Programm City Farm Augarten:
Dinner zwischen den Gemüsebeeten, am
21. Juni, Anmeldung unter
unikat-essen.com/unikat-reigen-1
Bio-Jungpflanzenmarkt für Sommer-/Herbsternte
am 28. Juni 14 bis 18 Uhr und am 29. Juni
von 10 bis 18 Uhr
Gartenspaßwoche für Kinder 8. bis 12. Juli,
jeweils von 8 bis 16 Uhr;
Mehr unter [email protected]; cityfarm.wien
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