Auf der Suche nach dem perfekten Kalbfleisch
Besonders helles Fleisch zeugt nicht von besonders guter Qualität. Experten erklären, worauf es beim Kalbfleisch ankommt.
Vom Wiener Schnitzel, das laut Gesetz immer aus Kalbfleisch zubereitet werden muss, bis zum Kalbsgulasch – zur DNA der österreichischen Küche gehört Kalbfleisch. Das sagt Andreas Döllerer, Küchenchef und Patron in Golling in Salzburg, und er erzählt: „Bei uns in der Familie gab und gibt es bei besonderen Anlässen immer Kalb, am liebsten Kalbsnierenbraten.“ Zur klassischen österreichischen Küche gehörten, sagt Döllerer, auch Kalbsvögerl, das Fleisch aus der Kalbsstelze, aus denen das klassische Wiener Kalbsrahmgulasch zubereitet wird.
Dennoch: Man hat den Eindruck, ein gewisser Informationsbedarf der Landsleute, der Hobbyköche und der kochenden Hausfrauen, ist in Angelegenheiten rund ums Kalb noch vorhanden. Zum Beispiel stellen sich viele die Frage: Woran erkenne ich beim Fleischhauer, dass es sich um gutes Kalbfleisch handelt? Und wovon lasse ich besser die Finger?
Die richtige Fütterung
Da gab es jahrzehntelang das Argument mit dem besonders hellen Fleisch, welches für eine besonders hohe Qualität stünde. Der Bergbauer und Fleischhauer Hannes Hönegger sieht das komplett anders. Er schlachtet und verkauft im Lungau am eigenen Mini-Schlachthof Bio-Kälber von kleinen Bio-Bauern sowie vom eigenen Bergbauernhof. Sein Kalbfleisch gilt als von so hoher Qualität, dass viele österreichische Toprestaurants mittlerweile zu seinen Kunden zählen. „Die Idee, besonders helles Kalbfleisch sei das Beste, kommt vermutlich aus den 1950er- oder 1960er-Jahren. Tatsächlich ist helles Fleisch aber ein Zeichen von Nährstoffmangel, zum Beispiel ein Mangel an Eisen.“
Wenn Kälber so gefüttert werden, wie es sich gehört, sei das Fleisch rosafarben. Die richtige Fütterung: Zuerst vier Monate Milch (statt Milchpulver) und dann vielleicht ein bisschen Gras oder Heu. Doch es ist nicht nur die Farbe, auf die es ankommt, ergänzt Andreas Döllerer: „Schauen Sie die Fettabdeckung an, sie sollte schön weiß sein. Und prüfen Sie das Fleisch auf seine Konsistenz. Finger weg von labbrigem Fleisch.“
Blindverkostung von Fleisch und Nieren
Siebzig Menschen trafen sich kürzlich in einem Workshop des Koch.Campus, einem Verein von Spitzenköchen, Top-Landwirten und Produzenten, um neun Kälber zu beurteilen, die alle eine Woche zuvor geschlachtet worden waren. Unter den Teilnehmern waren ausgezeichnete Köche, vor allem Züchter und Fleischexperten aus Deutschland, Tschechien und Slowenien sowie Österreich. Die Blindverkostung war für mit dem Thema nicht vertraute Laien wie die anwesenden Berichterstatter besonders anspruchsvoll; und es wurden Punkte von eins (weniger gut) bis zehn (ausgezeichnet) vergeben. Die Tiere kamen vornehmlich aus Österreich, außer je einem Kalb aus den Niederlanden und Deutschland.
Tatsächlich waren sowohl bei der Beschau des rohen Kalbfleisches und der Kalbsniere recht augenscheinliche Unterschiede feststellbar, etwa an der von Döllerer bereits erwähnten Fettabdeckung. Eine Kalbsniere von guter Qualität erkennt man ebenfalls am weißen Fettmantel und am Glanz der Niere.
Und: Ein einziger Fehlton in der Nase bedeutet bei Innereien: Verzichten Sie lieber! Beim rohen Fleisch ist unter anderem das Mundgefühl wichtig. Ist dieses beim Tatar, einem ohne Gewürze zubereiteten Kalbsschlegel, angenehm, nimmt man gerne einen zweiten Bissen: Wie ist in der Folge der Geschmack? Beim gebratenen Filet wurden Geruch, Mürbheit und Zartheit, Aroma und Typizität beurteilt. Manches ältere Kalb sieht dunkel aus und schmeckt wie Rind, das kann in Ordnung sein, ist aber halt kein Kalbfleisch.
Laut österreichischem Gesetz gelten junge Rinder bis zu einem Alter von sieben Monaten als Kalb. Doch kaum ein Spitzenkoch und noch weniger ein gewissenhafter Züchter oder Fleischhauer wird sich finden, der behaupten würde, das Fleisch behielte über die Zeit von sechs oder sieben Monaten seine unvergleichliche zarte Qualität. Von den Innereien nicht zu reden. Das ideale Alter für ein Kalb ist, wie die Verkostung zeigt, vier Monate. Ist es nicht brutal, Tiere so jung aus dem Leben zu reißen?
Dazu sagt Biobauer Hannes Hönegger: „Ein Kalb hat nicht das Zeitbewusstsein eines Menschen. Es denkt nicht: In einem halben Jahr mache ich eine Reise oder morgen gehe ich in die Schule. Das Kalb lebt im Jetzt. Nur das momentane Befinden zählt, und je besser dieses Befinden ist, desto besser für das Kalb.“ Man denkt unweigerlich an Massentierhaltung, große Schlachthöfe und Lebendtiertransporte. Denn: Was gut für das Kalb ist, ist am Ende besser für die Qualität von Wiener Schnitzel, Scaloppine oder Kalbsgulasch.
Rezept: Milchkalbleber "Berliner Art"
Vorbereitung: 15 min
Zubereitung: 40 min
Portionen: 4
Für die Kalbleber
8 Scheiben Kalbsleber à 80 g, von Haut und Sehnen befreit
50 g Butter
2 Schalotten in Ringe geschnitten
4 cl Rotwein
einige Zweige Rosmarin
100 ml Rindssuppe
150 ml Kalbsjus
Pfeffer
Petersilie gehackt
Für die Apfelscheiben
8 Apfelscheiben geschält, ohne Kerngehäuse, idealerweise rotschalige, saure Äpfel
40 g Kristallzucker
80 g Butter
100 ml naturtrüber Apfelsaft
4 cl Rieslingessig oder Apfelessig
Für das Püree
400 g mehlige Erdäpfel, frisch gekocht, geschält
200 g braune Butter
100 ml Milch
Salz
Muskatnuss frisch gerieben
Röstzwiebeln
- Kalbsleber nur mit Pfeffer würzen. Butter in einer Pfanne aufschäumen, Rosmarin dazugeben. Leber darin langsam beidseitig anbraten
- Nach kurzer Zeit die Leber aus der Pfanne nehmen und darin die Schalotten kurz anbraten
- Mit Rotwein ablöschen, Kalbsjus und Suppe dazu geben und etwa 1 Minute einkochen lassen
- Hat die Sauce die gewünschte Konsistenz , die Leber einlegen und kurz sanft köchelnd ziehen lassen. Sie sollte innen noch zart rosa sein. Petersilie dazugeben
- Für die Apfelscheiben Zucker in einer Pfanne karamellisieren lassen. Apfelscheiben und Butter dazu-geben und mit Apfelsaft und Essig ablöschen
- Alles auf kleiner Flamme einkochen lassen, bis sich der Zucker komplett aufgelöst hat
- Für das Erdäpfelpüree die Erdäpfel noch warm mit der braunen Butter und der Milch vermischen
- Würzen und mithilfe einer Teigkarte durch ein feines Sieb streichen
- Auf Tellern anrichten und mit Röstzwiebeln garnieren
Tipp: Einfacher ist es, die Erdäpfel mit einem Schneebesen zu pürieren
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