Zauberer Tricky Niki: Warum er in seiner Kindheit unter Spott litt

Tricky Niki ist einer der besten Bauchredner der Welt. Im Interview spricht er über sein Leid mit der Körpergröße, wie er beim Sport fast gestorben wäre und Hypnose.

Emil ist immer dabei. Also, fast. Bei unserem Interview aber auf jeden Fall. Friedlich ruht er in einem weißen Wickeltuch. Zumindest bis er zum Leben erwacht. Emil ist nämlich eine ganz besondere Puppe: ein Bauchrednerdrache mit ziemlich losem Mundwerk. Was Tricky Niki nicht sagen darf – Emil sagt es. 

Niki Sedlak gilt als einer der besten Bauchredner der Welt. Dazu kommen Gags, Zauberei und die Einbindung des Publikums, auch in seinem neuen Programm „Größenwahn“, in dem er sich viel über seinen ausgebliebenen Wachstumsschub lustig macht und auf andere große Fragen eingeht. Am 5.3. feiert er damit im Gartenbaukino in Wien Premiere.

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Sie machen sich gerne über sich selbst und Ihre Körpergröße lustig, jedoch: So klein scheinen Sie mir doch gar nicht zu sein ... 

Doch. Ich sah immer zehn Jahre jünger aus, war der Kleinste und ein Spätzünder. In der Schule wurde ich verarscht, war der Gnom oder Zwerg. In meiner Kindheit eine Katastrophe. Selbst beim Bundesheer sah ich mit 19 aus wie 13.

Und doch wollten Sie hoch hinaus. 

Ich war immer ein Bewegungstalent und im Sport erste Wahl. Schnell habe ich bemerkt: Wenn ich Leistung erbringe, bekomme ich dafür Anerkennung und Respekt. Daraus hat sich ein großer Ehrgeiz entwickelt, meine schlechteste und beste Eigenschaft zugleich. Ich gebe immer 180 Prozent. Aber alles kann man nicht kompensieren.

Inwiefern?

Ich habe zehn Jahre lang auf Leistungssportniveau Volleyball gespielt, war dreimal bester Aufspieler Österreichs, spielte bis zur Bundesliga. Zur Europameisterschaft hat der Trainer des Junioren-Nationalteams trotzdem lieber einen 1,85-Meter großen 14-Jährigen mitgenommen. In ihm sah man eine Zukunft.

Trickreich: „Die Zauberkunst hatte ein verstaubtes Image, da passte ich nicht rein“

©Kurier/Gilbert Novy

Und sahen Sie eine Zukunft für sich?

Ich ging darauf mit Sandsäcken an den Fußknöcheln zur Schule, um so meine Sprungkraft zu trainieren. Doch irgendwann nutzte auch das nichts mehr. Das war frustrierend. Später bin ich in den Extremsport reingekippt. Snowboarden, Mountainbiken, Wakeboarden, Kitesurfen: Ich war ein Adrenalinjunkie. Fallschirmspringen war das Geilste. Ich bin etwa am Rücken eines Flugzeugs in 4.000 Metern Höhe gesurft und dann übers Heck abgesprungen. Einmal wäre ich bei einem Sprung allerdings fast gestorben.

Hat sich Ihr Fallschirm nicht geöffnet?

Ich wollte die letzten 100 Meter spiralenförmig landen. Dazu nimmt man den Wind aus dem Schirm, wodurch man eine enorme Fallgeschwindigkeit aufbaut. Ein Manöver, das sehr cool aussieht, bei dem jedoch die meisten tödlichen Unfälle passieren. Doch durch den veränderten Luftdruck ging das schief und es hat mich in den Boden gerammt. Ich hatte Glück, dass ich überlebt habe. Auch meiner Körpergröße und Kompaktheit habe ich es zum Teil zu verdanken.

Wie oft habe ich in der Pubertät gehört: Wärst du zehn Zentimeter größer, wärst du mein Traummann! Das prägt sich ein. 

Die paar fehlenden Zentimeter zur gewünschten Körpergröße haben letztlich also doch Vorteile mit sich gebracht. 

Ja, aber ich habe schon sehr darunter gelitten. Wie oft habe ich in der Pubertät gehört: Wärst du zehn Zentimeter größer, wärst du mein Traummann! Das prägt sich ein. Aber heute kann ich mich darüber lustig machen. Und die Leute lieben es. Ich wollte diese Größenwitze nicht mehr machen. Aber deshalb verarbeite ich meinen Größenkomplex auf lustige Weise auch im neuen Programm.

Trio infernal: Tricky Niki, Bauchrednerdrache Emil und KURIER Freizeit-Redakteur Alexander Kern

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Humor ist, wenn man trotzdem lacht. War das von Anfang an ein wichtiges Instrument für Sie?

Es war eine wichtige Einsicht für mich zu erkennen, dass die Menschen das Staunen über die Zaubertricks in den Shows meist vergessen, aber sich an das Lachen über die Gags bleibend erinnern. Ich möchte kein Durchschnittszauberer – oder Bauchredner – sein. Ich will, dass die Leute sagen: Das haben wir noch nie gesehen. Es gibt weltweit auch keinen anderen, der Zauberei, Bauchreden und Comedy so verbindet wie ich.

Wie wir Zauberer von früher in Erinnerung haben: im Smoking, mit Zylinder und weißen Handschuhen, ein Kaninchen aus dem Hut zaubernd. Ist das passé?

Anfangs war ich das Enfant terrible der Zaubererszene. Die Zauberkunst pflegte ein verstaubtes Image, da passte ich nicht rein. Bei den Staatsmeisterschaften schüttelten die Juroren den Kopf über mich. Der hat das Hemd nicht in der Hose, trägt rote Converse und keine Krawatte – das geht doch nicht! Dann haben sie gesehen: der kann was. Und ihm ist die Präsentation wichtig.

Was bedeutet wahre Größe für Sie? 

Wahre Größe bedeutet für mich Empathie. Sich selbst nicht so wichtig und ernst zu nehmen. Für andere da sein, auf andere zugehen können. Einfach ein Miteinander, das ich in unserer heutigen Zeit sehr vermisse. Das beginnt schon beim Autofahren, wenn sich niemand mehr bedankt, wenn man ihn in die Schlange lässt. Wahre Größe heißt für mich auch, nicht auf andere neidisch zu sein, sondern zufrieden zu sein mit dem, was man hat. Ich habe das Gefühl, die Leute rennen mit Scheuklappen durch die Gegend, jeder starrt in sein Handy und lebt in dieser falschen Social-Media-Parallelwelt.

Tricky Niki

Tricky Niki

Tricky Niki wurde 1975 als Niki Sedlak in Wien geboren. Er brach sein Medizinstudium ab, jobbte in der Radiologie des AKH und journalistisch beim ORF. Er ist viermaliger Zauberstaatsmeister und tritt seit 2011 solo mit einem Mix aus Bauchreden, Comedy und Zaubern auf. Tourtermine: trickyniki.com

Mit auf der Bühne ist natürlich immer Ihr frecher und politisch unkorrekter Puppendrache Emil. Darf er sagen, was Niki sich nicht zu sagen traut?

Ich würde mich schon trauen, aber ich glaube, dann würden sie mich aus der Stadt jagen. Die Bauchrednerpuppen dürfen aber definitiv alles sagen, was mir auf der Bühne verboten wäre. Wie auch andere Künstler in verschiedene Rollen schlüpfen, passiert das bei mir per Puppe. Emil darf die Gattin vom Generaldirektor voll anbraten und es finden alle lustig, inklusive Generaldirektor. Weil es halt der Emil ist, und dem ist man nicht böse.

Ist das auch ein Ventil für Sie?

Definitiv. Wenn mir etwas nicht gefällt oder ich eine Message loswerden will und ich weiß, damit würde ich anecken, lasse ich es Emil sagen. Ich nämlich möchte nicht anecken. Deshalb mache ich auch kein politisches Kabarett. Jeder darf seine Meinung haben, aber es akzeptiert halt keiner mehr die des anderen. Der andere wird sofort als Vollidiot verunglimpft, die Gesellschaft ist gespalten, man redet kaum noch miteinander.

Tricky Niki und Bauchrednerdrache Emil: „Emil darf die Gattin vom Generaldirektor anbraten und es finden alle lustig, inklusive Generaldirektor“

©Kurier/Gilbert Novy

Was gab die Initialzündung, Zauberer zu werden?

Ich wollte meinem besten Freund die VHS-Kassette „Zaubern für Anfänger“ schenken. Einige Tricks brachte ich mir selbst bei. Beim Vorführen auf der Geburtstagsfeier stand ich plötzlich im Mittelpunkt, das hat mein Selbstbewusstsein in die Höhe getrieben. 

Auch Ihre Mutter spielte eine wichtige Rolle auf Ihrem Weg zum Showman?

Meine Mutter bekam damals Krebs diagnostiziert. Wenn es mir schlecht ging, bin ich ins Zaubergeschäft, habe mir einen neuen Trick gekauft, ihn einstudiert und ihr vorgeführt. Sie hing am Tropf und bekam ihre Chemotherapie, aber dadurch konnte sie kurz ihre Krankheit vergessen. Das ging auch auf andere Patienten über. Ich konnte sie in meine Welt holen und das war eine total heile Welt, in der es nur ums Lachen und Staunen ging. Das hat meine Lebenseinstellung sehr beeinflusst.

Wie alt waren Sie damals?

Als meine Mutter mit 49 Jahren starb, war ich 29. Ich habe zwei Schwestern, für die jüngere 14-Jährige übernahm ich nach dem Tod meiner Mutter die Erziehungsberechtigung. Das war so abgesprochen. Meine Eltern waren getrennt, aber beste Freunde. Mein Vater zog damals ins Burgenland. Meine Schwester und ich sind einander unfassbar innig verbunden. Ich habe keine eigenen Kinder, aber ich liebe Kinder, und meine Schwester großzuziehen und für sie großer Bruder und bester Freund zu sein war eine meiner schönsten Erfahrungen.

Man kann sich krank, aber auch gesund reden. Die Gedanken übertragen sich vom Gehirn auf die Muskeln. Hypnose ist für mich das Faszinierendste, das ich je lernen durfte.

Wie stand Ihre Mutter zu Ihrem Wunsch, hauptberuflich Zauberer werden zu wollen?

Eigentlich wollte ich ja Cowboy werden. Später Pilot. Dann Kinderarzt. Das ging sich finanziell aber nicht aus. Ich habe dann beim ORF gearbeitet, nebenbei gezaubert. Die Eltern rieten mir, die Zauberei als Hobby zu betreiben, doch dabei blieb es nicht.

Sie sind auch Hypnotiseur, haben eine Ausbildung. Was fasziniert sie daran?

Hypnose fasziniert mich, seit ich vor 20 Jahren das erste Seminar besuchte. Vor allem die Blitzhypnose hat es mir angetan. In 30 Sekunden und mit einem Fingerschnipsen steht man dabei unter Hypnose. Derjenige vergisst dann auf Zuruf Zahlen oder Namen, kann sich nicht mehr bewegen oder andere sind für ihn unsichtbar. Man würde unter Hypnose aber nie etwas tun, das man nicht im Wachzustand auch machen würde.

Wie gefährlich ist Hypnose?

Es existieren falsche Klischees. Ich kann niemanden hypnotisieren, der das nicht möchte. Hypnose ist einfach ein sehr entspannter Zustand, in dem ein Hypnotiseur deine Gedanken fokussiert. Das hilft toll bei Rauchentwöhnung, Spinnenphobie oder Prüfungsangst. Das Unterbewusstsein ist unser stärkstes Werkzeug, das wir nur verlernt haben zu nutzen. Das ist schade. Man kann sich krank, aber auch gesund reden. Darum ist positiv denken so wichtig. Die Gedanken übertragen sich vom Gehirn auf Muskeln und Organe. Hypnose ist für mich das Faszinierendste, das ich je lernen durfte.

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

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