Michael Ostrowski: "Tennissocken mit Sandalen sind ein No-Go“
Abenteuer in Jesolo, Interrail mit 20, depressive Stand-up-Paddler und knappe Badehosen - ein Urlaubsgespräch.
Ab in den Süden! Wieder begibt sich Michael Ostrowski auf die Reise. In der Serie "Ostrowski macht Urlaub“ erkundet er seit drei Jahren auf humorvolle Weise beliebte Destinationen und erlebte etwa rund um den Wörthersee oder beim Après-Ski in Sölden so manches Abenteuer.
Jetzt werden zwei neue Folgen ausgestrahlt, die ihn ins Burgenland führen, sowie erstmals über die Grenze: ins Herz des italienischen Jesolo (21. 7., 20:15 Uhr, Servus TV), wo er den Kindheitserinnerungen der Österreicher nachspürt. Auch ein Abstecher nach Venedig darf nicht fehlen. Welcher Urlaubstyp er privat ist, erzählt der Entertainer der freizeit im Interview.
Gut. Ich komme nie dazu, in Österreich Urlaub zu machen, also mache ich das eben fürs Fernsehen.
Nichts bestimmtes. Ich habe keine lang gehegten Reisewünsche. In mir schlummert kein Wunsch, unbedingt den Kilimandscharo erklimmen zu müssen. Meine Reisen sind meist Zufall oder Arbeit. Nach Dreharbeiten kehre ich an manche Orte gern zurück, etwa nach Kuba, Asien oder Novi Grad.
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Ibiza galt lange als verpönt, dann war ich doch dort, wegen der elektronischen Musik. Seitdem habe ich die Insel acht oder neun Mal besucht. Und sie auch von einer anderen Seite kennengelernt, sehr entspannt.
Ab 17 habe ich das jahrelang praktiziert. Ich studierte Englisch und Französisch, bin jeden Sommer verreist, um die Sprachen zu perfektionieren. Alleine, nur mit Rucksack, übernachtet habe ich im Zelt oder in Jugendherbergen. Günstige Reisen, nach England, Schottland, Südfrankreich, Spanien.
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Jugendfreie Erinnerungen, meinen Sie?
Natürlich lernt man in so jugendlichem Alter auf Reisen auch Frauen kennen. Aber darum ging es ja nicht. Prägend war der Austausch über Grenzen hinweg, die tollen Erlebnisse mit Leuten aus unterschiedlichen Nationen. Etwa mein erster Besuch in Edinburgh. Ich habe dort in einer Jugendherberge in einer ehemaligen Kirche übernachtet, einem Alternative Youth Hostel. Oder ein Aufenthalt mit einem Freund aus Amerika und einem aus Hongkong in Prag. Und natürlich meine Theaterreisen.
Ich bin jedes Jahr mit dem Rucksack zum Theaterfestival in Avignon gereist, habe mir dort billige Tagespässe gekauft und teils vier Stücke am Tag angesehen. Beim dritten bin ich meist eingeschlafen. Beim vierten ging’s wieder. Das war meine Theaterbildung. Ich habe mir alles reingezogen, was es gab: vom Stand-up-Comedian bis zum japanischen Butoh, einem sehr radikalen Tanz- und Performance-Theater. Oft recht stranges Zeug. All das hat mich geprägt.
Ebenfalls multikulti. Österreicher, Bayern und Italiener haben sich Jesolo gut untereinander aufgeteilt. Als Kind war ich ja nie dort. Nur im Alter von zehn Jahren in Caorle. Aber Jesolo hat mir getaugt, nur Strand, einkaufen, essen und sonst nix. Urlaub ist, was man draus macht. Auch an einem von Menschen überlaufenen Strand kann man’s lustig haben.
Relativ lang. Solange ich zu lesen habe, ist das kein Problem. Das war schon als Kind so. In Frankreich habe ich die Zeit lieber mit einem Buch im Hotelzimmer verbracht, anstatt mir mit den anderen sinnlos sehenswürdige Kirchen anzuschauen.
Ich hatte mich bislang immer gefragt: Warum sollte ich nach Venedig? Alle fahren dorthin, das hat mich misstrauisch gemacht. Irgendwie scheue ich mich davor, zu tun, was alle tun. Ein romantisches Wochenende in Venedig? Nein, danke.
Die Klischees sind: Italiener sind freundlich, haben den besten Kaffee der Welt, jedenfalls rund um Triest, genießen wirklich gutes Essen und die Natur ist wunderschön. Was ist schlimm daran? Nichts.
Sogar welche, die nicht untergegangen sind, um es mit Mundl Sackbauer zu sagen. In einer bayerischen Kneipe habe ich eine lustige Runde kennengelernt. Das Lokal und das dazugehörige Hotel gehörte einem Deutschen, der seit 30 Jahren in Italien lebt. Zu späterer Stunde habe ich mit der Band, die dort aufgespielt hat, ein Duett angestimmt: "Heiße Nächte in Palermo“, von der Ersten Allgemeinen Verunsicherung. Ich habe es kurzerhand umgedichtet. In "Heiße Nächte in Je-so-lo“. Das war lustig. Später haben wir auf den Tischen getanzt.
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Am besten ist mir dieser in Erinnerung geblieben: Ein einsamer Stand-up-Paddler, der aussah, als würde er leicht depressiv aufs Meer raustreiben. Ich bin ihm begegnet, als ich mir ein Kanu ausgeborgt habe, zum ersten Mal übrigens in meinem Leben. Jedenfalls habe ich den Mann in ein Gespräch verwickelt. Bevor er sich am Ende vielleicht noch suizidiert.
Völlig richtig. Kleider machen Leute – und auch Reisende. Deswegen ist mir das Outfit sehr wichtig. Es gibt die Richtung vor.
Da fällt mir nur eines ein, das man auch im Urlaub auf keinen Fall tragen darf: Die Kombination von Tennissocken mit Sandalen empfinde ich immer noch als den heißesten Anwärter auf ein striktes No-Go. Natürlich kommt es auch auf die Beschaffenheit der Wadln an und das Beinkleid. Aber das hat für mich schon immer noch den Touch des Wahnsinns. Dass das immer noch möglich ist: wow. Mittsechziger in diesem Aufzug sind ein Dauerbrenner des schlechten Geschmacks.
Je nach Tagesverfassung. Montag ist normalerweise Speedo-Day. Ab Mittwoch dürfen es dann auch Shorts sein. Die sollten aber bitte nicht zu bis zu den Knien reichen. Das finde ich unangenehm. Zu viel Feuchtgebiet.
Unfreundlich zu Kellnern zu sein, solch ein Verhalten finde ich ganz schlimm. Das Servierpersonal runterzumachen oder kein Trinkgeld zu geben. Das geht gar nicht. Da schäme ich mich für diese Leute.
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Jein. Also tendenziell eher nicht. Das Zeug steht dann daheim eh nur deppert herum. Wenn es allerdings ein schmuckes Stück gibt, etwas, das so absurd ist, dass man es sonst wirklich nirgendwo anders erstehen kann als am Urlaubsort, dann würde ich schon zugreifen. Von meinem Besuch im Burgenland habe ich etwa einen gehäkelten Mini-Storch mitgebracht. Das ist auf eine Art so außergewöhnlich grotesk, das kaufe ich.
Si, si, claro – ich bin dafür, trotzdem unbedingt in Landessprache zu bestellen. Egal, wie das Ergebnis ausfallen mag. Diesen Kampf mit der Sprache konnte ich ja auch in Jesolo gut beobachten. Beim Essen bestellen scheitert mancher kläglich, inklusive mir selbst. Und das obwohl ich mir bei der Anfahrt noch einen sprachlichen Crashkurs verschrieben habe, um meine schulischen Italienischkenntnisse aufzubessern. Vor Ort kämpft man dann um Authentizität, was meist völlig sinnlos bleibt, weil alle dort besser Deutsch können als du italienisch. Dennoch: Es geht um die Geste.
Ich bin nicht grundsätzlich dagegen. Man sollte sich nur vorher wohl überlegen, ob es das wert ist. Ich schränke mich in dieser Hinsicht seit Jahren extrem ein. Wenn ich außerhalb unserer Grenzen drehe, versuche ich, alles mit dem Zug anzufahren. Sich das Fliegen aber völlig zu verbieten, halte ich für den falschen Ansatz. Sonst lerne ich gar keine anderen Menschen mehr kennen außer die Österreicher, Bayern und Italiener in Jesolo. Ich finde es schön, in Kambodscha auf Typen zu treffen, die ich sonst nirgends treffen würde. Und Kambodscha kann ich mit dem Zug nun mal nicht erreichen.
Diesbezüglich bin ich einzig erstaunt, wie schnell sie von der Politik kriminalisiert werden. Im Gegenzug werden tatsächlich kriminelle Umweltsünder, die mit ihren Chemiefabriken die Luft verpesten und Abwässer verschmutzen, keineswegs so stark angeprangert. Die gleiche Empörung würde ich gerne bei der unnötigen Bodenversiegelung in Österreich hören. Oder wenn die schöne Schwarze Sulm mit einem unnötigen Kraftwerk verbaut wird.
Ich ahnte nicht, dass hierzulande eine solch schöne Landschaft existiert. Und war beeindruckt von den Zugvögeln. Bis heute gibt es ja keine valide Erklärung dafür, wieso sie die Flugroute kennen, die sie im Winter in wärmere Gefilde führt. Übrigens fliegt manchmal sogar der jüngste Storch voran. Das ist interessant. Woher weiß der eigentlich, auf welchem Weg es nach Afrika geht? Für mich ist der Zugvogel der erste Tourist. Wenn es bei uns kalt wird, vertschüsst er sich ab in den Süden, wo es gut zu essen gibt und schön warm ist. Das gefällt mir.
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