Meg Ryans Orgasmus: "Ich will genau das, was sie hatte“

Ein Stöhnen für die Ewigkeit. Vor 33 Jahren simulierte Meg Ryan in „Harry und Sally“ einen Orgasmus, wie man ihn im jugendfreien Kino noch nie gehört hatte. Ein Höhepunkt der Filmgeschichte.

Das Restaurant, der Tisch, das junge Pärchen, das entspannt miteinander plaudert. Dann DIE Szene, die als eine der ikonografischsten in die Filmgeschichte eingehen soll: Die junge blonde Frau fängt an zu stöhnen, ganz leise zuerst, ihr Begleiter erkundigt sich, ob mit ihr alles okay sei, denkt vielleicht, sie hat was Schlechtes gegessen. Das denkt er allerdings nur ganz kurz, denn ihr Stöhnen wird lauter und lauter, bis es in einem orgiastischen „Ja!“ kulminiert, zu dem sie laut auf den Tisch trommelt.

Unvergesslich: Meg Ryan als "Sally"

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Vor 33 Jahren sorgten Meg Ryan und Billy Crystal in „Harry und Sally“ nicht nur für ein großes Comeback der sogenannten Rom-Coms, also der romantischen Komödien, die nach genialen Highlights in den 30ern und 40ern („Die Nacht vor der Hochzeit“, „Bringing up Baby“) praktisch völlig in Vergessenheit geraten waren – sie bescherten  uns auch die herrlichsten Cringe-Momente des Familien-Kinos. Wie viele Männer haben ihre Partnerinnen nach dieser Szene fragend angesehen oder haben es nicht gewagt, sie anzusehen, wie viele Frauen haben gegrinst oder sich zumindest ein wenig ertappt gefühlt? 

Die Prinzessin lächelte

Lady Di, die bei der Premiere in London zwischen Regisseur Rob Reiner und Billy Crystal saß, ließ die Szene stoisch an sich vorübergehen, errötete sanft und nur ein kleines Prinzessinnenlächeln huschte angeblich über ihr Gesicht.  Wenig später flüsterte sie Crystal etwas zu. „Sie sagte: Ich würde viel mehr lachen, aber ich weiß, dass jeder mir zuschaut“, erzählte Reiner vor drei Jahren dem People Magazine.

Dass sie derbe Späße verstand, zeigte Diana schon davor. Kaum gingen die Lichter im Kino aus, sagte sie Billy Crystal ins Ohr: „Ich zieh mir jetzt die Schuhe aus.“ – „Cool, ich zieh mir die Hose aus“, entgegnete der Schauspieler. Sie klapste ihn nur leicht auf den Arm und flüsterte mit einem Grinsen: „You are so naughty!“

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Meg macht's

Aber wie kam es eigentlich zu dieser Szene? Warum um alles in der Welt simulierte Meg Ryan einen Orgasmus in einem voll besetzten Diner?  So viel vorweg, das stand nicht im Drehbuch der preisgekrönten Autorin Nora Ephron. Laut dem sollten sich Harry und Sally bloß darüber streiten, dass Harry sehr wohl erkennen könne, wenn eine Frau ihm einen Orgasmus nur vorspielen würde, während Sally ihm erklärt, dass das jede Frau schon mal gemacht hat, auch bei ihm, und er es einfach nicht mitbekommen hätte. Ein Wortgefecht – hin und her. „Ich könnte es ihm doch einfach beweisen, das wäre besser als bloß zu reden“, meinte Meg Ryan schließlich. Alle waren begeistert, man verlegte die Szene aus der Wohnung in ein Restaurant, weil die Sache mit Publikum noch viel spektakulärer wirken würde.

Man ging also ins Katz’s Deli in der  East Houston Street in New York – wo man heute noch nicht nur ausgezeichnete Pastrami-Sandwiches genießen, sondern auch am gleichen Platz sitzen kann wie einst Harry und Sally. Dann ging die Stöhnerei los. Ein ums andere Mal. Billy Crystal behauptet heute noch, dass er ganze 27 Pastrami-Sandwiches essen musste,  bis die Szene im Kasten war. „Und das sind echt viele, auch für einen New Yorker Juden“, sagt er.

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Der Durchbruch gelang erst, als Regisseur Rob Reiner Meg Ryans Platz einnahm und einen weiblichen Orgasmus fakte, der Billy Crystal fast vom Stuhl kippen ließ. Damit waren alle Hemmungen beseitigt, Meg machte es in einem Take nach – der Rest ist Geschichte.

Ihr Sohn Jack Quaid, Star aus der Erfolgsserie „The Boys“, gestand vor drei Jahren Jimmy Kimmel in dessen Talk Show, dass er die Szene erst kürzlich zum ersten Mal gesehen hatte. „Als Kind ist es doch eher irritierend, wenn deine Mutter die legendärste Orgasmus-Szene aller Zeiten gedreht hat. Das will man nicht unbedingt sehen ...“, erklärte er lachend. Und gestand: „Nachdem ich den Film gesehen hatte, musste ich weinen. Sie war so gut, unglaublich. Ich hab sie danach sofort angerufen ...“

Genauso legendär wie Meg Ryans „Höhepunkt“ ist übrigens auch die Reaktion einer Restaurant-Besucherin auf ihre Stöhn-Attacke: „Ich will genau das, was sie hatte.“ Den Spruch hat Billy Crystal erfunden. Die ältere Dame, die ihn sagte, war Estelle Reiner, die Mutter des Regisseurs.

Auch kultig: Sallys legendäre Bestellung im Diner. „Ich hätte gern den Chefsalat, aber Essig und Öl servieren Sie extra und den Applepie  à la Mode.“ - „Chef und Apple à la Mode.“ - „Aber den Kuchen bitte heiß wenn’s geht. Und ich will das Eis nicht obendrauf, ich will es extra und ich hätte gerne Erdbeer- statt Vanilleeis wenn’s geht. Wenn nicht, kein Eis ... nur Schlagsahne ... aber nur frische. Wenn Sie aus der Dose kommt, gar nichts.“ - „Nicht mal Kuchen?“ - „Dooch, in dem Fall nur den Kuchen, aber nicht heiß.“ - „Aha.“

Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

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