Macht, Mythos, Gier und Investment: Faszination Gold

Vom Schatz der Inkas bis zum kalifornischen Goldrausch – was macht den Mythos Gold aus? Und wie sieht ein Experte die Lage?

Es ist Metall, bloß ein Metall, so schnöde könnte man die Sache beginnen. Ein gelbes Metall, glänzend zwar und selten. Gut formbar, zur weiteren Verarbeitung bestens geeignet. Ein chemisches Element, das auch. Doch das sind nur Untertreibungen. Angestrengte Verniedlichungen, mit denen man sich vor den Superlativen zu drücken versucht, die Gold, dieser faszinierende Stoff, sehr bald erfordert, wenn man von ihm zu sprechen beginnt. 

Gold, das ist Geld, Reichtum, Macht. Das beschwört Gedanken von Raffgier herauf und Maßlosigkeit. Gleichzeitig steht es für biederes Investment, eine edle Wertanlage, krisenfest, wenn es hart auf hart geht. Dann wieder ziert es als luxuriöses Geschmeide so manch zarten Hals. GOLD. Gold!

Von der Antike bis zur Gegenwart

„Seine Faszination wurzelt in der einzigartigen Kombination aus physischer Knappheit, Schönheit, Beständigkeit und universeller Akzeptanz“, sagt einer, der es wissen muss. Ronald-Peter Stöferle ist eine Autorität in Sachen Gold. 

Er ist Autor der weltweit meistgelesenen Studie zum Thema Gold, dem jährlichen „In Gold we Trust“-Report, dem auch das Wall Street Journal vertraut, zudem Fondsmanager der Vermögensverwaltung Incrementum. „Dazu kommt, dass Gold nicht nur materiellen, sondern auch emotionalen Wert hat, weil es haptische Sicherheit mit kultureller Symbolik verbindet.“

©Collage: Bartosz Chudy/Midjourney

Die sinnbildliche Bedeutung, die über den eigentlichen Wert noch hinausgeht, sie hatte immer besondere Relevanz, wenn es um Gold ging. Wir erinnern uns an die Geschichte vom Goldenen Kalb und den Tanz rundherum, also die Anbetung von Götzen anstelle von Gott. Auch in der Antike werden eifrig Götzen geschnitzt, Altäre, Statuen, Bilder hergestellt. Schon immer wollten Menschen (oder Götter), dass man ihnen huldigt. Gold weist, nicht gerade unauffällig, darauf hin, welche das sein sollen.

Tutanchamun, Krösus, Inkas

Dieser Glanz wirkt bis heute: Tutanchamun etwa, wir befinden uns jetzt im alten Ägypten, war zu Lebzeiten ein relativ unbedeutender König. Sein Grab im Tal der Könige jedoch machte ihn unsterblich. Allein der innerste Sarg besteht aus purem Gold und wiegt 100 Kilogramm. Ein goldener Thron wurde gefunden, drei Dutzend Goldstatuen und natürlich die legendäre Totenmaske des Tutanchamun: ein meisterhaft gearbeitetes Antlitz aus zehn Kilogramm Gold. In Wien würde man sagen: A scheene Leich.

Zehn Kilogramm Gold: die legendäre Totenmaske des Tutanchamun

©Getty Images/Cebas/istockphoto

Vom Tauschmittel, etwa als Klumpen, wird Gold 550 v. Chr. zum Zahlungsmittel: König Krösus, wegen seines unermesslichen Reichtums sprichwörtlich geworden und Herrscher über Lydien (heute in der Türkei), erfand das Geld – zum ersten Mal wurden Münzen geprägt, mit gleichem Gewicht und Größe samt Siegel. Sie bestanden aus Elektron, einer Legierung aus Gold und Silber. Im Mittelalter ging diese Rolle zurück, dennoch blieb Gold ein prunkvolles Symbol für Reichtum und Macht für Könige und Kirche und gewann dann im Spätmittelalter wieder an Bedeutung für den Handel und Finanzgrößen wie die Medici und die Fugger.

In der Neuzeit kommt es dann zum großen Goldrausch. Doch nicht immer bringt viel Gold auch viel Segen. Die Inkas nannten Gold die „Tränen der Sonne“, sie sprachen es heilig und nahmen es als Gottesgeschenk wahr. Doch anders als eine himmlische Verbindung nach oben brachte es Verderben über das ganze Volk (wie auch der Azteken). Die Gier ist weniger göttlich als allzu menschlich und sie kam in Gestalt der Spanier, deren grausame Konquistadoren wie Francisco Pizarro ihre Tempel plünderten und den Menschen Leid zufügten. 

So groß war die Habgier, dass Pizarro auch einer Sage aufsaß. Unter großen Entbehrungen ließ er nach „El Dorado“, einer Stadt aus Gold, suchen. Doch die Expedition erntete bloß Elend. Durch Hunger, Hitze, feindliche Angriffe und Krankheiten starben die meisten der Schatzsucher. Von 350 Spaniern kehrten 130 zurück, von 4.000 Indios schafften es nur 1.000 ihr Leben zu retten.

Der große Goldrausch 

Gefahren und Not, all das nahmen Menschen immer wieder in Kauf, um an das Edelmetall zu kommen. Im 19. Jahrhundert etwa beim wohl berühmtesten Goldrausch überhaupt. Kalifornien, das gelobte Land! Zumindest für die Hoffnung aufs schnelle Geld. 300.000 Glücksritter strömten dorthin, nachdem bei Sutter’s Mill das erste Nugget entdeckt wurde, die Bevölkerungszahl von San Francisco explodierte, all das bewirkte jedoch Umweltschäden und die Dezimierung indigener Völker. Reich werden die wenigsten. 

Gold als Stoff zerplatzter Träume, auch diese der vielen Deutungsmöglichkeiten passt: denn im Grunde ist es Sternenstaub. Es kommt aus dem Weltall zu uns, wenn Neutronensterne kollidieren. Kosmische Katastrophen als Goldregen für die Welt. Überirdisch. In Südafrika ist Witwatersrand (bei Johannesburg) besonders betroffen. Hier befindet sich das größte Goldvorkommen. Zu finden ist Gold und die Faszination dafür aber überall: vom Geschenk der Weisen aus dem Morgenland für Jesus bis zum Versuch der Alchemie, Gold selbst herzustellen, in Bond-Filmen („Goldfinger“) – oder bei Donald Trump, der sogar seine Fernsehfernbedienung vergolden ließ.

Wurde gestohlen: die 100-Kilo-Goldmünze Big Maple Leaf 

©Marcel Mettelsiefen / dpa / picturedesk.com/Marcel Mettelsiefen/Picturedesk.com

Sollte man noch investieren?

Gold als Wertanlage ist gefragt. Dank Trump und seinem Handelskrieg ist der Preis im April zum ersten Mal in der Geschichte auf mehr als 3.000 Dollar pro Unze gestiegen. Und die Nachfrage steigt und steigt. „Wird es an den Märkten mal stürmisch, bietet Gold einen beruhigenden Gegenpol, ganz egal, welchem politischen System man unterliegt oder welche Schlagzeile zu Turbulenzen führt“, erklärt Goldexperte Stöferle. „Diese Kombination ist schwer zu schlagen.“

Dass die Faszination für Gold nachlässt, bezweifelt er. „Über Jahrtausende hat es sich als sicherer Hafen bewährt, gerade in turbulenten Zeiten.“ Weder technologische Umbrüche noch schwache Märkte könnten seinen Wert und seine Rolle als Krisenwährung ins Wanken bringen, so Stöferle. Der Grund dafür? „Ganz einfach: Vertrauen“, führt der Manager aus. „In Zeiten, in denen Papierwährungen an Wert verlieren oder politische Unsicherheiten zunehmen, ist Gold immun gegen Inflation, Korrosion und politische Willkür.“ 

Bleibt die Frage: Lohnt es sich jetzt noch zu investieren? Ja – wenn man langen Atem hat. „Gold ist und bleibt ein langfristiges Investment“, so Stöferle. „Kurzfristige Volatilität erfordert Vorsicht, aber seine Rolle als Portfoliodiversifikator bleibt unbestritten.“ Entscheidend seien zwei Faktoren: der eigene Zeithorizont und die Risikobereitschaft. Sie würden entscheiden, in welche Richtung man gehen möchte – Performance oder Sicherheit.

Alexander Kern

Über Alexander Kern

Redakteur KURIER Freizeit. Geboren in Wien, war Chefredakteur verschiedener Magazine, Gründer einer PR- und Medienagentur und stand im Gründungsteam des Seitenblicke Magazins des Red Bull Media House. 12 Jahre Chefreporter bzw. Ressortleiter Entertainment. Schreibt über Kultur, Gesellschaft, Stil und mehr. Interviews vom Oscar-Preisträger bis zum Supermodel, von Quentin Tarantino über Woody Allen bis Jennifer Lopez und Leonardo DiCaprio. Reportagen vom Filmfestival Cannes bis zur Fashionweek Berlin. Mag Nouvelle Vague-Filme und Haselnusseis.

Kommentare