"Der Kaiser": Ein Film über Franz Beckenbauer
Franz Beckenbauer prägte als Spieler, Trainer und Funktionär den Fußball. Ein unterhaltsamer, aber auch unkritischer Film über den grandiosen Kicker (bei Sky).
Im Leben des Franz Beckenbauer gab es bereits zahlreiche Schlüsselmomente. Der mittlerweile 77-Jährige erinnert sich dabei gerne an eine Watschn, die ihm in seinen jungen Jahren verpasst wurde. Und zwar bei einem Fußballspiel gegen 1860 München. „Ich spielte für den SC 1906 gegen die Löwen. Und es war eigentlich klar, dass ich zu Sechzig gehe. Aber nach der Watschn habe ich gesagt: ‚Zu dem Verein gehe ich nicht.‘“ Gesagt, getan: Er wechselt stattdessen zum FC Bayern. Der Rest ist ein Stück deutscher Fußballgeschichte.
Einen Teil davon erzählt nun das Biopic „Der Kaiser“, das ab Freitag via Sky abrufbar ist. Man schaut dabei in rund 100 unterhaltsamen Minuten einem der besten deutschen Fußballer des 20. Jahrhunderts auf die Wadln. Beckenbauers Leben, so macht der Film von Beginn an unmissverständlich klar, war immer nur der Fußball, was seinem Vater (Heinz-Josef Braun) anfangs nicht passte. Sein Bub soll lieber was Anständiges lernen, Versicherungskaufmann zum Beispiel. Fußball sei doch bloß eine brotlose Kunst, und der Wechsel zum FC Bayern, damals ein Regionalliga-Verein, eine Schnapsidee: „Wer weiß, ob es die in ein paar Jahren noch gibt.“
Libero
Regisseur Tim Trageser zeichnet den Aufstieg des Ausnahmefußballers an die Weltspitze nach und entwirft dabei das Bild, das vielen Fans wohl das liebste vom „Kaiser“ ist: ein leichtfüßiges Libero-Genie auf dem Platz, ein leichtfüßiger Lebemann abseits davon. Gespielt wird der „Kaiser“ von Klaus Steinbacher. Der ROMY-Preisträger hat sich akribisch auf die Rolle vorbereitet. „Ich habe viel über Franz Beckenbauers Leben gelesen. Darunter war auch ‚Der freie Mann‘, die Beckenbauer-Biografie von Torsten Körner. Weiters habe ich noch viele Videos mit Beckenbauer auf und neben dem Platz geschaut. Ich bin in der Nähe von München aufgewachsen, und daher gab es schon immer viel Beckenbauer in meinem Leben“, sagt der Bayern-Fan, der selbst Stürmer bei einem unterklassigen, „aber besonders leidenschaftlichen Dorfklub“ ist.
Für den 28-Jährigen ist „Der Kaiser“ eine Hommage an den Fußballer Beckenbauer. „Mir war von Anfang an wichtig, dass wir ihm mit diesem Film eine Freude machen. Als ich meiner Oma erzählt habe, dass ich den Beckenbauer spielen werde, hat sie gesagt: ‚Jo mei, der Franz, des woar hoit no a Gentleman.‘“ Der Franz war aber auch ein Lebemann mit einer Schwäche für hübsche Blondinen: „Haben Sie schon mal versucht, Weltmeister zu werden und ein guter Ehemann zu sein?“, sagt Steinbacher im Film in Richtung Zuseher. Auch Beckenbauers „ehrliche“ TV-Auftritte sind legendär: „Das habe ich immer sympathisch gefunden. Er hat sich bei den zahlreichen öffentlichen Auftritten nie verstellt oder anders gesprochen.“ Es war immer der bodenständige Typ aus Giesing, der sich gerne über „müden Rumpel-Fußball“ beschwerte.
Finale in Italien
Diverse Skandale und Affären, die in den vergangenen Jahren rund um die Person Beckenbauer ans Tageslicht gekommen sind, werden im Film aber ausgespart. Vor allem die Unklarheiten rund um die Vergabe der Deutschland-WM 2006, die das „Sommermärchen“ und Beckenbauer, der es der Fußballnation bescherte, im Nachhinein überschatteten, werden nicht aufgegriffen. „Das ist eine andere Geschichte, wäre ein anderer Film“, kommentiert Steinbacher die kritischen Stimmen. Und so endet die Geschichte lange davor – und zwar am 8. Juli 1990. Am Tag des WM-Finales Deutschland gegen Argentinien. Nach Abpfiff schreitet Beckenbauer ruhig über den Rasen des jubelnden Stadio Olimpico in Rom und genießt den Augenblick – zum zweiten Mal nach 1974 Weltmeister. Dieses Mal als Trainer.
„Der Kaiser“ – ab Freitag (16. 12.) auf Sky.
Ein Gespräch mit dem Regisseur Tim Trageser über ...
… die Herangehensweise, die Annäherung an die Person Franz Beckenbauer.
„Zunächst habe ich mir gedacht, dass das kaum zu bewältigen ist, also in knapp 100 Minuten die Ereignisse, das Leben, die Karriere von Franz Beckenbauer zwischen 1963 bis 1990 zu erzählen. Ich habe viele Bücher gelesen, Biographien, Sachbücher, viele Filme angesehen, auch viele YouTube-Videos, um der Figur ein bisschen näher zu kommen. Dann habe ich mich auch viel mit dem Klaus Steinbacher darüber unterhalten, wie wir die Figur sehen und darstellen möchten. Uns war beiden von Anfang an wichtig, den Mensch hinter dem Weltklasse-Fußballer Franz Beckenbauer zu zeigen. Der Film sollte nicht länger als 100 Minuten lang werden. Wir mussten zahlreiche Passagen aus dem Drehbuch streichen. Wie etwa die ganz jungen Jahre von Franz Beckenbauer. Und auch noch die Weltmeisterschaft 1986, bei der die deutsche Nationalmannschaft unter Trainer Beckenbauer Zweiter geworden ist. Das zu erzählen, wäre sich zeitlich nicht mehr ausgegangen. Wir mussten das Drehbuch kürzen, um sich so auf einige Momente konzentrieren zu können.“
… die Kritik, dass der Film die dunklen Spuren rund um die Vergabe der Deutschland-WM 2006 nicht aufgreift
„Das wäre ein Film, wo man in Hotelzimmern Koffer übergibt oder Hände schüttelt. Also kein Film über Fußball. Das was rund um das “Sommermärchen”, also rund um die Vergabe der WM 2006 nach Deutschland über Franz Beckenbauer vermutet wird, ist rechtlich gesehen ja ungeklärt. Da würde man dann also einen Film machen, der sich auf Spekulationen und nicht belegbare Quellen beruft und dann würde es wahrscheinlich auch rechtliche Probleme geben mit den Personen, die wir zeigen.“
… den fehlenden Austausch mit Franz Beckenbauer
Leider gab es keinen Austausch. Wir haben das mehrfach versucht. Ich hätte ihn gerne getroffen. Ich hätte ihn Löcher in den Bauch gefragt. Zum Zeitpunkt der Dreharbeiten wurde uns vonseiten seines Managements gesagt, dass es ihm nicht gut gehe und er möchte seine Ruhe haben. Das war einerseits schade, aber wir hatten natürlich auch Verständnis dafür.
… die Nutzung des FIFA-Archivs
Ich habe mir natürlich alle Fußballspiele angesehen, die in dem Film vorkommen und noch einige mehr. Wir haben uns da an das FIFA-Archiv gewendet. Da gab es dann einen Zugang, wo ich tatsächlich diverse Sachen sehen konnte, also die offiziellen Übertragungen, aber eben auch Bilder von Kameras, die am Spielfeldrand waren. Wir haben in dem Film sehr viel von diesem Material verwendet. Dieses Archiv in Anspruch zu nehmen, ist eine reine Kostenfrage. Die FIFA sagt, so viel kostet das pro Minute und dann kann man es haben. Da das Material in einem eher schlechten Zustand ist, mussten wir unsere Aufnahmen absichtlich verschlechtern, damit die Übergänge zwischen den Archivaufnahmen und den von uns gedrehten Szenen nicht zu hart ausfallen.
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