Interiortrend Flaschengarten: Das Biotop im Glas
Sehnsucht nach Natur daheim? Warum der kleine „Flaschengarten“ im Trend liegt und was bei Pflanzenterrarien zu beachten ist.
Faszinierend, würde Mr. Spock sagen, „mega“ finden es die Kids, höchst beeindruckt sind die Besucher. Auf alle Fälle sieht er dekorativ aus, grünt herrlich und erfreut die menschlichen Mitbewohner oft viele Jahre lang. Der „Flaschengarten“, auch als Pflanzenterrarium bekannt, bringt durch alle Jahreszeiten hindurch pflanzliche Freuden in die eigenen vier Wände. Vorausgesetzt, man weiß, wie er angelegt und gepflegt gehört.
Die Idee ist jedenfalls geschichtsträchtig. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte der englische Arzt Nathaniel Ward den „Wardschen Kasten“, einen abgeschlossenen Garten im Glasbehälter – den Prototyp aller Mini-Gewächshäuser. In DIY-Manier feiert das „Grün im Glas“ jetzt ein Revival – als offenes oder geschlossenes Ökosystem für Zuhause.
Beim luftdicht verschlossenen, bepflanzten Gefäß ist vor allem die Tatsache faszinierend, dass es sich um ein eigenes Ökosystem handelt, das Jahrzehnte lang gedeihen kann, ohne dass man irgendetwas tun muss – sofern es richtig gemacht ist“, erklärt Pflanzenexpertin Andrea Mühlwisch. Die Inhaberin der Flowercompany in Wien (flowercompany.at) ist eine ebenso begeisterte wie kundige Herstellerin von Pflanzenterrarien aller Art. „Im Laufe der Zeit ändert sich durch die Sauerstoffproduktion der Pflanzen das Verhältnis Sauerstoff zu Kohlenstoff im Glas, die Pflanzen passen sich daran an. Wird das Gefäß geöffnet, kommen die Pflanzen mit der ,normalen’ Luft nicht zurecht und gehen innerhalb kurzer Zeit ein.“ Deshalb dürfe so ein System nicht geöffnet oder zwischendurch umgestaltet werden. „Zu beachten ist auch, dass die eingebrachte Wassermenge genau abgestimmt sein muss“, so Mühlwisch. „Kondenswasser, das die Sicht beeinträchtigt, wird sich trotzdem bilden, geht aber immer wieder weg.“
Bepflanzte Gläser, die nicht luftdicht verschlossen werden, sind einfacher zu gestalten. Doch auch hier ist neben Know-how ausreichend Zeit für die Vorbereitung notwendig. „Kondenswasser tritt nicht auf, da die Luftfeuchtigkeit nicht so hoch ist“, weiß die Expertin. „Dafür muss gegossen werden, allerdings nicht so oft wie bei einer gewöhnlichen Zimmerpflanze.“ Wer länger als zwei Wochen abwesend ist, kann sich behelfen, indem er das Glas mit einer Frischhaltefolie verschließt. Hier darf man auch immer wieder gestalterisch eingreifen, gekappte Triebe lassen sich als Ableger für neue Miniterrarien verwenden. Mühlwisch: „Wichtig ist regelmäßige Düngung, aber in geringerer Konzentration, um kein zu schnelles Wachstum zu fördern.“
Standort Der optimale Standort für einen bepflanzten Glasgarten ist hell, jedoch ohne direkte Sonne, z. B. nahe eines nordseitigen Fensters. Tipp der Expertin: „Sollte der Fensterplatz bereits belegt sein, kann mit einer kleinen Pflanzenlampe Abhilfe geschaffen werden. Etwaige Überhitzung lässt sich mit LED-Technik vermeiden“.
Deko-Elemente Zusätzlich zur Bepflanzung kann man Dekorationsmaterialien zur Gestaltung verwenden. Schöne Steine oder knorrige Äste werten das Terrarium auf. Bei der Verwendung von Holz ist darauf zu achten, dass es nicht zu weich ist und aufgrund der Feuchtigkeit zu schimmeln beginnt. Hartes Mangrovenholz oder sandgestrahlte Weinreben eignen sich sehr gut.
Pflanzenauswahl Die für ein Glas ausgewählten Exemplare sollten die gleichen Ansprüche betreffend Licht und Feuchtigkeit haben. Mühlwisch rät zur Vorsicht bei bereits fertig bepflanzten Gläsern aus dem Baumarkt oder Gartencentern: „Hier können sich die wildesten Kombinationen aus trockenheitsliebenden und sonnenhungrigen Sukkulenten mit schatten- und feuchtigkeitsliebenden Farnen wiederfinden“. Ebenso entscheidend sei die zu erwartende Endgröße der Pflanze sowie deren Wachstumsgeschwindigkeit. Dem Trend folgend werden derzeit viele Mini-Jungpflanzen von großblättrigen Arten angeboten. Beim Kauf ist die Pflanze noch klein, zwei Blätter später ist sie bereits zu groß fürs Gefäß. Gut geeignet sind z. B. Zierpfeffer, Zebrakraut und die Ufopflanze, ebenso kleinwüchsige Farne, farbenfrohe Bromelien und tropische Moose.
Geeignete Gefäße Im Grunde kann man jedes Gefäß verwenden, das gefällt und im Falle eines geschlossenen Systems auch luftdicht verschließbar ist. Ob Dachbodenfunde bei den Großeltern oder eine schöne Glasvase aus dem Designerladen – wichtig ist nur, dass es kein gefärbtes, sondern möglichst klares Glas ist, um die Helligkeit zu gewährleisten. Es sollte auch nicht zu dünn sein (Glasbruchgefahr) und nicht zu nieder, da die Wurzelballen eine gewisse Größe aufweisen können (8-10 cm Substrathöhe wird benötigt). Natürlich sollte auch die Hand durch die Öffnung passen, um hier erfolgreich seinen grünen Daumen einzusetzen.
Bodengrund Zwei Varianten haben sich bewährt: Drainageschicht mit feinkörnigem Tongranulat (z. B. Seramis), darüber reiner Weißtorf, vermischt mit etwas Perlite (gebranntes Mineral, sorgt für Durchlüftung und vermindert Staunässe). Oder man pflanzt in einen Mix aus natürlichen Mineralgranulat (z. B. Bims). Normale Blumenerde neigt nämlich zur Schimmelbildung und ist daher nicht zu empfehlen. Bei luftdicht verschlossenen Terrarien wird die Beimischung von Aktivkohle empfohlen.
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