Ob Wecker, Saftpresse, Kaffeemaschine oder Föhn – Haushaltsgeräte von Braun finden sich in beinahe jedem Heim. Seit hundert Jahren steht das in Kronberg bei Frankfurt ansässige Elektrounternehmen für herausragende Gestaltung und puristisches Design. Selten nehmen wir Gebrauchsgegenstände jedoch als Designobjekte wahr. Dabei steckt gerade in ihrer praktischen und reduzierten Erscheinung die große Designleistung, wie Markus Orthey, Design Director bei Braun, verrät: „Sich auf das Wesentliche konzentrieren und den Nutzen, die Bestimmung eines Produktes in den Vordergrund zu stellen, ist gar nicht so leicht. In der Entwicklung gibt es deshalb viele Phasen und Modelle, die konstant angepasst und verändert werden.“ Welche Stile den Designer selbst geprägt haben und welche Trends er für die Zukunft sieht, erzählt der 48-Jährige im Interview.
Wann haben Sie sich zum ersten Mal bewusst mit Design auseinandergesetzt und was ist davon hängen geblieben?
Markus Orthey: Bestimmt gab es da in meiner Jugend Momente, aber am prägendsten war für mich der Besuch des Vitra Campus in Basel – gleich in der ersten Studienwoche. Das war sehr beeindruckend. Auch viele Auslandsaufenthalte haben meine Arbeit beeinflusst. Inspiration kommt auch über meine privaten Interessen: Als Genussmensch koche ich mit Leidenschaft und baue Wein an. Das ist eine gute Ergänzung zum Beruf.
Welches ikonische Design der vergangenen 100 Jahre ist Ihr liebstes?
Da gibt es einige. Im Bereich Möbel etwa den Marcel-Breuer-Korbstuhl, der wunderschön und komfortabel ist. Aus der Braun-Welt ist meine Ikone die Kaffeemaschine KF20, auch weil sie von meinem ehemaligen Professor Florian Seifert entworfen wurde. Da habe ich auch einen persönlichen Bezug dazu. Ich mag gerne so simple Dinge, die irgendwie raffiniert gemacht sind. Die einen Sinn und Zweck erfüllen. Wo man aber merkt: Das ist anders und besser gedacht als bisher. Ein Schuss Humor oder Selbstironie ist auch gut.
Was macht ein Design denn erfolgreich?
Ich persönlich habe gerne Dinge um mich herum, die ein ganzes Leben lang funktionieren, und die mich immer wieder von Neuem begeistern, wenn ich sie benutze – auch wenn ich sie schon lange besitze. Die emotionale Nachhaltigkeit eines Produktes ist genauso wichtig, wie die technische Langlebigkeit. Ein Design ist für mich erfolgreich, wenn es für viele Menschen einen Nutzen darstellt und innovative Aspekte beinhaltet.
Braun ist bekannt für seine puristischen Entwürfe. Worin liegt die Herausforderung für gutes und praktisches Design?
Wir machen kein lautes Design, wir konzentrieren uns auf das Wesentliche. Vom früheren Braun-Designer Dieter Rams stammt unter anderem die Devise „Less but better“ – was bedeutet, dass wir den größtmöglichen Benefit durch Reduktion erzeugen wollen. Dieser Designanspruch ist auch inspiriert vom japanischen Wabi-Sabi. Dort heißt es „Do less, but don’t remove the poetry“. Unsere Produkte verkörpern keinen Stil, sondern vielmehr eine Haltung.
Eine Haltung wozu konkret?
Zu individuellen Lösungen, abseits von schnelllebigen Trends. Dabei machen wir kein Retro-Design, sondern schauen immer nach vorn.
Ein gutes Stichwort: Die Welt verändert sich immer rasanter. Wie wirkt sich das auf aktuelles Design aus?
Gerade als Designer haben wir die Verpflichtung, auf Veränderungen in der Welt einzugehen. Man sollte Idealist sein und daran glauben, Dinge einfacher und besser zu machen für Menschen. Gutes Design soll dem Menschen Lösungen bieten. Natürlich sind Digitalisierung und Nachhaltigkeit wichtige Themen der Gegenwart. Aber es geht nicht darum, nur mehr E-Autos zu bauen und recycelbare Materialien zu verwenden. Sondern auch darum, uns um die Menschen zu kümmern, die von unserem westlichen Luxus gar nichts abbekommen. Es liegt in unserer Verantwortung, unseren Nachfolgegenerationen eine gesunde Welt zu hinterlassen.
Was sind Ihre Visionen für die Zukunft?
Innovative Produkte machen mit Bedeutung – Produkte machen von Menschen für Menschen. Die dem Menschen dienen, das Leben verbessern, einen Sinn darstellen. Außerdem möchte ich Werte weitergeben an jüngere Designer. Deshalb mache ich gerne Projekte mit Universitäten, um die jüngere Generation und ihre Vision für ihre Zukunft zu verstehen.
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