Unzufriedene Geschäftsfrau am Telefon - Stock-Fotografie

Warum jammern wir so gerne übers Wetter?

Egal ob Regen, herrlicher Sonnenschein oder Hitze. Wir Menschen meckern immer über das Wetter. Doch warum eigentlich?

Könnt’s net einmal wieder richtig Sommer sein?“ – "Na eh, aber diese Hitz jetzt! Net zum Aushalten ...“ – "I freu mich schon aufn Herbst ...“ – "Der heißt a nix mehr, viel zu kalt jetzt immer.“ – "Stimmt, schiach. Und dann der Winter!“ – "Bäh, da siehst die Sonn erst wieder im April.“ – "I brauch kan Schnee in der Stadt.“ – "Na ja, für die Kinder halt ...“ – "Geh, is eh nur grauer Gatsch nach an halben Tag.“ – "Da freut ma si echt aufn Frühling.“ – "Aber geh, den verregnets eh wieder.“ – "Brrr, stimmt, mir fröstelt's, wenn i nur dran denk. Zum Glück scheint jetzt die Sonn!“ – "Aber diese Hitz! Schon seit Tagen.“ – "Na eh, net zum Aushalten. I freu mich schon aufn ...“
Das Wetter hat es auch nicht leicht. Nichts, was es tut, wird von uns  honoriert – und immer ist es woanders besser. Glauben wir halt. Warum sind wir so versessen auf das Wetter? Und warum drückt sich diese Versessenheit meistens in Beschwerden aus? 

Die erste Frage, hat der zu früh verstorbene Wiener Medienpsychologe Peter Vitouch beantwortet: Das Wetter sei, so wie eine Fußball-WM, Franz Klammers Ritt über die Streif oder auch Game of Thrones, der "soziale Kit“, der eine Gesellschaft zusammenhält. Etwas, bei dem jeder Mensch, der mit einem anderen ein Gespräch sucht, davon ausgehen kann, dass der andere mitreden kann. Sich auskennt. Eine gemeinsame Ebene zum Austauschen quasi, Aug in Aug, aber doch nicht zu verbindlich. 
Klingt einleuchtend. Aber warum jammern wir dabei so gern? Wir sind so ein bisschen da und dort, nicht so sonnenverwöhnt wie Italien, aber auch nicht nordisch herb wie Hamburg. Die Zitronenblüten hängen uns vor der Nase, bleiben aber unerreichbar.  Wie beim Fußball: Eh nicht ganz schlecht, aber auch nicht so gut, wie wir es eigentlich verdient hätten. Dabei sollte man sich auf seine Stärken konzentrieren, sagt Fußballlehrer Ralf Rangnick. Kalifornier etwa sind durchaus dazu geneigt, mit ihren Hitzerekorden anzugeben. So wie manche Finnen  mit ihren megatiefen Tiefsttemperaturen. Auch in  Italien wird gern übers Wetter gesprochen, aber eher mit ein bisschen Stolz. Ganz ähnlich wie beim Fußball. Auch, wenn’s mal nicht so läuft ... 

Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

Kommentare