Weekender für 4 Tage in Verona: Im Bann der Gefühle
Paris? Aber nein! Die wahre Stadt der Liebe kann nur in Italien sein. Tipps und Addressen, die man in Verona unbedingt gesehen haben muss.
Anreise
Mit Ryanair (ryanair.com) geht der Flug in einer Stunde und 20 Minuten von Wien nach Mailand; von dort braucht man mit dem Zug knapp zwei Stunden nach Verona. Alternativ gibt es eine Zugverbindung (oebb.at) von Wien direkt nach Verona. Die Reise dauert auf diesem Weg circa achteinhalb Stunden.
Tausende verliebte Paare kommen jedes Jahr, um sich in dieser Stadt ihre Liebe zu schwören. Tausend unglücklich Verliebte schicken hierher ihre Briefe. Und täglich wird zwei Mal geheiratet. Paris? Aber nein! Die wahre Stadt der Liebe kann nur Verona sein.
Keine Metropole zeigt die Kraft einer guten Liebesgeschichte wohl derart eindrucksvoll wie Verona. Ist doch eine der meistbesuchten Attraktionen in dieser honigfarbenen Stadt das (angebliche) Wohnhaus einer Frau, die jedoch einzig auf der Bühne existiert.
Den Weg dorthin muss man nicht kennen. Man folgt im Gewusel der Altstadt einfach der Schar der Neugierigen: durch schmale Gassen, entlang hoher Häuser mit ihren salbeifarbenen Fensterläden und schmalen Steinbalkonen, die üppig mit Kletterpflanzen bewachsen sind.
Man kommt vorbei an kleinen Boutiquen, historischen Palais und knorrigen Olivenbäumen. Bis man in der Via Cappello, auf Höhe der Nummer 23, den Menschenmassen durch einen steinernen Durchgang folgt, dessen Wände mit Zetteln und Liebesschwüren übersät sind. Im begrünten Innenhof ist er dann, der sandfarbene, gotische Balkon, auf dem Shakespeares Julia ihre Verzweiflung zum Ausdruck gebracht haben soll: „Oh Romeo“, rief sie, weil den Liebenden durch die Fehde ihrer Familien das Glück verwehrt blieb, „warum bist du Romeo?“
Das Haus der Julia
Dass Shakespeare nie in Verona gewesen ist und es Julia nie gegeben haben dürfte, hindert Tausende Touristen nicht daran, das Städtchen und das charmante Casa di Giulietta, das Haus der Julia, zu besuchen. Shakespeare hat für seine herzergreifende Liebesgeschichte einen äußerst passenden Ort gewählt: Diese niedliche Stadt an den sanften Windungen des Flusses Etsch, der in der warmen Frühlingssonne glitzert und dessen blaugrüne Farbe den perfekten Kontrast zu den verspielten Stadthäusern bildet.
Es ist eine Stadt, in der einem, wenn man den Hügel zum Castel San Pietro erklimmt, ein Meer aus einheitlichen Dächern und spitzen Türmen in rostrotem Terrakotta zu Füßen liegt. Noch besser wird der Ausblick, wenn man den Aussichtspunkt zum Sonnenuntergang aufsucht und die Silhouette Veronas zwischen den hohen Zypressen golden schimmert.
Verbindungen suchen
Noch hat man die Via Cappello nicht verlassen. Besucher bleiben an dem Namen hängen, der von der hier ansässigen Familie stammt. Er ist den Capulets aus Shakespeares Liebesdrama so ähnlich, dass man gerne glaubt, dass diese italienische Familie vielleicht doch als Inspiration gedient hat.
Es war jedenfalls ein schlauer Schachzug Veronas, das Stadthaus der Familie Dal Cappello 1905 zu erwerben und als Casa di Giulietta zu etablieren. Man muss ja nicht erwähnen, dass der Balkon erst im 20. Jahrhundert hinzugefügt wurde.
Viele Menschen berühren die rechte Brust der bronzenen Julia-Statue unter dem Balkon, weil das Glück bringen soll. Dieser Körperteil wurde schon so oft angegriffen, dass die Statue nun ein Loch hat, wie die Lokalzeitung L‘Arena vor wenigen Tagen aufdeckte.
Von der Via Cappello geht es auf die Piazza delle Erbe, Veronas ältesten Platz. Hier sollte man sich später für einen Cappuccino oder einen Aperol Spritz eine kleine Auszeit nehmen und die wunderbare Überlagerung von Statuen, Türmen und Palästen auf sich wirken lassen.
Doch davor wird die Vicolo Santa Cecilia aufgesucht. Denn während zwar jeden zweiten Tag eine Ehe in Verona geschlossen wird und die Stadtverwaltung das mit der Initiative „Sposami A Verona“ (Heirate mich in Verona) weiter forcieren möchte, ist diese Stadt der Liebe gleichzeitig auch eine Stadt der unglücklich Verliebten, wurde Romeo und Julia doch ihr Liebesglück aufgrund der verfeindeten Familien verwehrt.
Julias Sekretärinnen
Von der unglücklichen Liebe kann Giovanna Tamassia ein Lied singen. Sie ist Präsidentin des „Club der Julia“. Das ist ein Verein, der Tausende Briefe aus der ganzen Welt beantwortet, die jedes Jahr, adressiert „An Julia“, eintrudeln. „Liebe Julia“, beginnt etwa ein Brief, der Anfang Februar eintraf, „ich möchte Liebe. Heiß und warm, ich möchte lieben und geliebt werden. Ich bin verheiratet, aber nicht glücklich ...“. Und ein anderer: „Liebe Julia, bitte hilf mir. Ich kann nicht für immer so traurig sein ...“
Diese Briefe einfühlsam und aufmunternd zu beantworten, ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, sagt Giovanna. Deshalb werden Mitarbeiter und Freiwillige gut angelernt: „Wir sind ja keine Psychologen; es geht um eine romantische Idee. Die Antwort soll persönlich sein, als wären wir Freunde. Sie soll Hoffnung, Verständnis und Trost ausdrücken.“ Unterzeichnet wird stets mit: Julias Sekretärin.
Begonnen hat die Tradition 1930 mit Ettore Solimani, dem Wächter von Julias Grab. Jenem rötlichen Marmorsarg in einer kleinen Kammer der ehemaligen Franziskanerkirche San Francesco al Corso, etwas außerhalb der Stadtmauern, bei dem es sich um die letzte Ruhestätte von Julia Capulet handeln soll. Auch Lord Byron und andere Dichter der Romantik pilgerten hierher. Solimani begann, Briefe zu sammeln, die die Menschen am Grab hinterließen. Bewegt von der Geste der zurückgelassenen Worte, setzte er sich daran, zu antworten und wurde zu Julias erstem Sekretär.
Den Club hatte Giovannas Vater, Giulio Tamassia dann 1972 mit einer Gruppe von Künstlern und Gelehrten gegründet, die durch ihre Leidenschaft für die Legende Shakespeares verbunden waren. Seitdem sind rund 200.000 Briefe angekommen.
Geheimnisse und Eiswasser
Auch wenn Shakespeare mit Julias Balkon, Romeos Haus in der Via Arche Scaligere (das deutlich weniger Besuch erfährt) und seit 2003 mit einer eigenen Büste am Piazza Bra neben dem Stadttor vertreten ist, so ist seine Liebesgeschichte aus 1597 nicht die einzige, die dieses Stadt erlebt hat.
200 Jahre zuvor hielt Giovanni Boccaccio das Liebesdrama „Il Filocolo“ fest, das sich am Palazzo delle Logge in Montorio, etwas nordöstlich von Verona, abgespielt haben soll. Der adelige Florio wurde in das (damals noch) Dorf geschickt, um von seiner Liebe Biancifiore getrennt zu werden, die sein Vater als nicht gut genug für ihn erachtete. Doch nach Abenteuer und Intrigen fanden beide zusammen. Ihre Gebeine sollen heute in der Nähe des Herrenhauses liegen.
Ich packe in meinen Koffer …
- ein Exemplar von Shakespeares „Romeo & Julia“, um die Worte der Montagues und Capulets in ihrer Heimatstadt zu hören.
- einen Flaschenöffner. In der Nähe befindet sich die Weinregion Valpolicella und so wird die ein oder andere Flasche geköpft.
- ein Skizzenbuch. Die malerischen Plätze, historischen Gebäude und romantischen Gassen wollen auf kreative Art festgehalten werden.
Das Denkmal einer unbekannteren, doch nicht minder eindrucksvollen Geschichte findet man in der Altstadt, wenn man in der geschäftigen Corso Porta Borsari bei der Nummer 15 in die Vicolo San Marco in Foro und dann gleich noch einmal in die Vicoletto Cieco Pozzo San Marco einbiegt. Der Blick fällt auf einen runden Steinbrunnen mit schmiedeeisernen Verschnörkelungen.
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts soll sich der junge Soldat Corrado di San Bonifazio hier in die Aristokratin Isabella Donati verliebt haben. Doch Isabella wies seine Hingabe immer wieder zurück. Eines Wintertags trafen sie einander zufällig in der Nähe des Brunnens. Corrado warf seiner Angebeteten vor, dass ihr Herz so gefroren sei wie das Wasser im Brunnen. Isabella, unbeeindruckt von dieser Aussage, forderte Corrado auf, das Wasser doch persönlich zu testen, wenn er sich dessen so sicher sei. In seinem Stolz verletzt, sprang er tatsächlich hinein und ging im gefrorenen Wasser unter. Da erkannte Isabella ihre Liebe zu Corrado und sprang, um ihm auf ewig nah zu sein, ebenfalls in den Brunnen. Dieser wurde seitdem als Brunnen der Liebe bekannt und wird noch heute von Liebenden aufgesucht. Zur Sicherheit ist er aber mit einem schmiedeeisernen Deckel versehen.
3 Kuriose Fakten. Wussten Sie, dass …
- Verona Spielort von drei Shakespeare-Stücken ist? Neben „Romeo & Julia“ gibt es „Zwei Herren in Verona“ und „Der Widerspenstigen Zähmung“.
- Verona die älteste Bibliothek der Welt hat, die noch in Betrieb ist? Die Biblioteca Capitolare wurde im 5. Jahrhundert gegründet.
- dass vergangenes Jahr 747 Hochzeiten in Verona stattgefunden haben? Ein Viertel der Paare waren keine Italiener, sondern reisten für das Event an.
Kommentare