Kuscheln in der Kälte: Eishotels sind ein heißer Tipp

Wem Urlaub unter Palmen zu banal ist, der mag sich vielleicht für Nächte im Eishotel erwärmen. Iglus in Schweden, Finnland, der Schweiz, Bayern und Tirol.

Einschlafen bei Minusgraden? Eine Gutenachtgeschichte mit einer dichten Atemwolke vor dem Mund erzählen? Ein Bett auf dem Schnee – statt im Kornfeld? Wieso nicht? Immerhin gibt es auch Menschen, die es bei jeder Gelegenheit zum warmen Meer zieht. Warum also nicht das Gegenteil: Outdoorfans, denen es selbst in einer Winternacht nicht kalt genug sein kann?

Überraschung, das sind gar nicht so wenige. In Kitzbühel schlagen pro Saison zwischen 600 bis 700 Gäste ihr Bett bei eisigen Temperaturen auf, sagt Brigitte Reitbauer. Mit ihrem Mann Benno betreibt sie seit bald zwanzig Jahren ein Dorf mit fast zwei Dutzend Iglus, das Alpeniglu-Dorf. alpeniglu.com Seit einigen Jahren wird dieses in der SkiWelt Wilder Kaiser buchstäblich Eisblock um Eisblock der Natur abgerungen.

Und wer meint, hier tummeln sich ausschließlich Abenteurer und Polarforscher vom Schlage des Entdeckungsreisenden Roald Amundsens, wird bald eines Besseren belehrt.

Alpeniglu in Tirol

©ALPENIGLU

Von sportlichen Familien über kuschelsüchtige Liebespaare bis zu Menschen mit einem Faible fürs Außergewöhnliche ist alles dabei. Gut, ein bisschen eine dicke Haut sollte man schon mitbringen, wenn man sich nach Sonnenuntergang wie ein Husky auf ein Platzerl im Schnee zurückzieht. Aber alles im grünen Bereich.

Das Alpeniglu-Dorf in den Kitzbüheler Alpen

©ALPENIGLU

Warm trotz Minusgraden

„Unsere Schlafsäcke sind die wärmsten, die man auf dem Markt kaufen kann, also fürs Extrembergsteigen bis minus 50 Grad“, versichert Brigitte Reitbauer. Ein Luxus wie dieser hätte vor hundert Jahren den legendären Polarforscher Roald Amundsen vermutlich zu noch vielen weiteren Expeditionen motiviert. Warmduscher sollte man dennoch nicht sein, wenn man sich heutzutage auf ein Extremerlebnis wie eine ganze Nacht im Eis einlässt.

Konstante Kälte

Überraschung Nummer zwei. Selbst wenn die Temperatur draußen bei Wind und Wetter schon in den zweistelligen Minusbereich sinkt, bleibt es im Innern des kuppelförmigen Iglus relativ gemütlich. Drei bis fünf Grad unter null sind zwar auch nicht ohne, aber immerhin sind die Gäste innerhalb der dicken und sozusagen isolierenden Wände aus Schnee und Eis windgeschützt.

Das sei eben das Besondere an einem Iglu, klärt Frau Reitbauer auf. „Egal, wie frostig es draußen ist, kann es drinnen nie kälter als minus drei bis fünf Grad werden“, sagt sie. Also, nichts wie rein in die Schlafsäcke!

Muss ja auch sein, denn um etwas Wärme abzubekommen, kann man hier nicht einfach ein Lagerfeuer anfachen. Aber, was soll’s, mit dem größten Problem wird man ohnehin erst in ein paar Stunden konfrontiert. Denn es kostet eine große Überwindung, den warmen Schlafsack am nächsten Morgen wieder zu verlassen.

Die Nächte in einem Eishotel verkaufen sich fast so gut wie warme Semmeln. Mehr noch. Seit vor mehr als dreißig Jahren im hohen Norden Europas – in Jukkasjärvi in Schweden – das erste „Icehotel“ (siehe auch Bild ganz oben) eröffnete, haben sich viele Fans dieser Art des Freizeitvergnügens gefunden.

Das "Icehotel" in Schweden glänzt durch seine spektakulären Eisskulpturen

©@Asaf Kliger

Von Alaska bis zur Zugspitze, von Gstaad bis in den Kitzbüheler Alpen wachsen die Igluhotels fast wie Schwammerln aus dem Boden. Es werden immer mehr. Und das, obwohl auch dem Erfinder dieser Eis-Erfolgsstory, „Icehotel“-Betreiber Yngve Bergqvist, erst einmal die kalte Schulter gezeigt wurde, als er in seiner Heimat ein paar Ideen präsentiert hat, wie man die abgelegene Region beleben könnte.

„Wer sollte sich im Winter in den Hohen Norden verirren?“, erntete der mittlerweile 73-jährige Pionier und Naturbursch Bergqvist Anfang der 1980er-Jahre ein heftiges Kopfschütteln als Reaktion auf sein Ansinnen.

Auch im Sommer geöffnet

Gut Ding braucht Weile. Mit diesem Spruch hat wohl schon jeder Neuerer Bekanntschaft gemacht. Aber nicht immer bewahrheitet er sich so nachhaltig wie bei dem kühlen Kopf hinter dem allerersten Eishotel der Welt. Im Jahr 1989 eröffnet, zieht es mittlerweile bis zu 50.000 Gäste im Jahr in die scheinbar verlassene Ecke Schwedens.

Sich für ein paar Tage wie ein Inuit, ein Eskimo, zu fühlen, liegt offenbar im Trend. Und gegen ein paar Kuschelstunden im extrawarmen Schlafsack kann eigentlich auch nichts sprechen. Aber es kommt noch dicker.

Vor sieben Jahren eröffnete Bergqvist mit seiner Crew ein Eishotel, das rund um das Jahr geöffnet hat. Das „Icehotel 365“ liegt in der unmittelbaren Umgebung des Stammhauses und glänzt wie dieses mit aufwendiger Ausstattung und kunstvollen Eisskulpturen. Dank Totaleinsatzes von Solarenergie funktioniert das klimatechnische Wunderwerk zur Herstellung von Rieseneisblöcken sogar umweltfreundlich.

Das "Icehotel 365"

©Asaf Kliger, ICEHOTEL

Dass hinter jeder einzelnen Saisoneröffnung harte Arbeit steckt, weiß auch Brigittes Ehemann, Benno Reitbauer. Seit Wochen hat er mit seinem Team Tonnen um Tonnen Schnee bewegt, um in Brixen in den Kitzbüheler Alpen ein kleines Igludorf aufzubauen, das Alpiniglu-Dorf.

Von der Wüste ins Eis

Dass er seit Jahren auf Eis steht, ist eigentlich ein Wunder. Als begeisterter Biker lechzte der gebürtige Imster schon an einer Teilnahme an der Rallye Paris-Dakar. Aber dann prackte es ihn in der Wüste hin. Und dann noch einmal. Aber dann war da Brigitte, der Engel, und richtete Benno wieder auf.

„Der Zufall wollte, dass ich im Rahmen einer Incentivereise ein Eishotel in Finnland besuchen konnte“, erzählt Benno. Auch Brigitte war dabei. Und beide fingen Feuer, ob der Magie der Eiskristalle. Pläne für eine austro-finnische Zusammenarbeit wurden geschmiedet. Aber dann zogen es die Reitbauers zu zweit im Alleingang durch.

Seither gilt Benno Reitbauer als Iglu-Baumeister aus Tirol. Denn mit seinem zwölfköpfigen Team hat er im vergangenen Jahrzehnt fast ein Dutzend Iglu-Dörfer in den Alpen aufgebaut.

Igludorf Gstaad

©Iglu Dorf Gstaad

Die Eishotels

Icehotel, Schweden

Etwa 200 Kilometer nördlich des Polarkreises befindet sich mit dem Icehotel das erste seiner Art. Der Hotspot im schwedischen Jukkasjärvi existiert seit 1989. Standesgemäß nähert man sich dem Hotel im Hundeschlitten, aber ein Schneemobil tut es auch. Jeder Raum steht unter einem eigenen Motto, unser Bild zeigt die „You are my type“-Suite. Geöffnet ist von Dezember bis April. Heißer Tipp: Wer Nordlichter beobachten will, hat es von hier aus nicht weit. Die Nacht gibt’s ab ca. 570 Euro. icehotel.com

Chena Hot Springs, Alaska

Heiße Quellen und eine Eisbar in unmittelbarer Nachbarschaft. Wie passt das alles zusammen? Im „Ice Museum“ in Alaska wird das Rätsel gelüftet. Übernachtet wird im Hot Springs Resort in idyllisch im Wald gelegenen Hütten. Die „Northern Lights Tour“ um umgerechnet 180 Euro inkludiert neben einem Eisbar-Besuch und einem Köpfler in eine sprudelnde Thermalquelle einen 60-Meilen-Trip zu einer Anhöhe mit Aussicht auf Aurora-Nordlichter. chenahotsprings.com 

Eiskalt, bitte: Die Bar im Eis-Museum in Alaska

©Christian Kruse / chris@arctic-p

Arctic Snow Hotel. Finnland

Bis Ende März dauert die Saison im Arctic Snow Hotel im finnischen Lappland. Die Besonderheit dieses Resorts in der Nähe des Weihnachtsmanndorfs bei Rovaniemi: Neben Iglus aus Schnee und Eis stehen auch Glas-Iglus zur Verfügung. Die Chance, Nordlichter zu beobachten, ist dadurch viel größer. Übernachtung ab ca. 500 Euro; arcticsnowhotel.fi
 

Das Arctic Snowhotel bei Rovaniemi

©arctic snowhotel rovaniemi

Iglu Lodge Allgäu, Bayern

Dieses Eisparadies bei Oberstdorf in den Allgäuer Alpen ist nur per Bergbahn erreichbar. Luxus wird groß geschrieben. In der „Iglu Suite“ hat man sogar einen eigenen Whirlpool in der „Hütte“.  Saisonende ist Anfang April. „Oder wenn der Schnee schmilzt“, sagt Florian, einer der „IgluLodge-Guides“ optimistisch. Übernachtung ab 189 € pro Person. iglu-lodge.de

Alpeniglu-Dorf, Brixen/Tirol

Super, man braucht absolut kein souveräner Skifex zu sein, um das weiße Dorf aus 18 Iglus  in Hochbrixen zu erreichen: Es liegt gleich an der Bergstation. Und es spielt alle Stückerln. Vom Eisschnitz-Workshop über Fleisch-Fondue im Iglu-Restaurant bis zur Fackelwanderung mit Lagerfeuer gibt es eine Vielzahl an Zuckerln, die einen für eine Auszeit im Eis erwärmen können.  Manche Iglus  sind groß genug für vier Personen. Beliebt ist etwa das Romantik-Iglu für ein Paar, ab 405 €; Info alpeniglu.com

Bernhard Praschl

Über Bernhard Praschl

Bernhard Praschl, geboren 1961 in Linz. Als Stahlstadtkind aufgewachsen zwischen Stadtwerkstatt und Brucknerhaus. 1978 erster Manager der Linzer Punk-Legende Willi Warma. 1979 Studium der Politikwissenschaft und Publizistik an der Uni Wien. Zivildienst im WUK; 1986 Institut für Höhere Studien, Wien. 1989-1992 in der Die Presse, seit 1992 Redakteur im KURIER, 1994 Statist in Richard Linklaters "Before Sunrise", seit 1995 in der FREIZEIT. 2013 "Das kleine ABC des Geldes. Ein Lesebuch für Arm und Reich" (Czernin Verlag). Nach frühen Interrailreisen durch Europa (Portugal bis Irland) und Autofahrten entlang der California State Route und dem Overseas Highway nach Key West jetzt wieder Bahnfahrer - und E-Biker.

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