Ein Wochenende in Zell am See mit leiwandem Schnee
Skifahren, baden, gut essen, jodeln und mit viel Glück auch eislaufen. Ein Winterurlaub in der Gegend um Zell am See und Kaprun hat was.
Überblick
Von Wien nach Zell am See in ca. 4:15 Std.
Fahrzeit ab Graz: ca. 3:15 Std.
Der Schnee auf der Schmittenhöhe ist Wolfgang-Ambros-zertifiziert. Immerhin hat der Austropop-Heroe in „Schifoan“ festgehalten, dass es in Zell am See den leiwaund’n Schnee gibt. Vom Zentrum bringt der cityXpress die Gäste hinauf auf den Hausberg.
Es gibt hier aber in Zell eben auch den leiwaund‘n See. Gerade wenn es Nacht wird und man von der Seepromenade zum beleuchteten, markanten Grand Hotel geht, ist es geradezu malerisch – so würde es zumindest im Werbesprech heißen. „Wir bangen jedes Jahr, ob er im Winter zufriert“, sagt Gisela Holleis, die Grande Dame des örtlichen Tourismus. „Wenn eine dicke Eisschicht den See bedeckt, dann ist er das Zentrum des Geschehens, dann wird darauf gegangen, eisgelaufen. Die vergangenen Jahre ist es uns leider versagt geblieben.“
Früher landeten Flugzeuge, mit Spikes ausgestattete Autos und Motorräder lieferten sich Eisrennen. 10.000 Menschen kamen bis in die 1970er. „Und die Wiener Eisrevue ist auch hiergewesen, da sind Kabinen eingesunken“, erinnert sich die Frau, die seit 70 Jahren im Tourismus tätig ist.
Schmittenhöhe, Kaprun und Saalbach-Hinterglemm
Auch wenn die Eislaufschuhe im Keller bleiben müssen, die Skischuhe sind schnell angezogen. Die Alpin Card gilt nicht nur auf der Schmittenhöhe, sondern auch für Saalbach-Hinterglemm, Leogang und Fieberbrunn. Und auch aufs Kitzsteinhorn geht es damit. Der Skibus dazu – der für Menschen in Skimontur gratis ist – fährt direkt vom Zeller Zentrum weg.
Die lauten Schmähs der Italiener, die sie einander durch den ganzen vollen Bus hinweg seit der Abfahrt zurufen, geraten auf einmal in den Hintergrund. Aus einer Nebelschicht, die kleinere Berge bedeckt, schiebt sich das 3.203 Meter hohe Kitzsteinhorn hervor. Sein markanter Pyramidengipfel ragt in den blauen Himmel. Auch die Badenden, die im gläsernen und dampfenden Skyline-Pool des Tauern SPA entspannen, haben ihre Blicke auf den Berg gerichtet.
Oben am Kapruner Gletscher warten perfekte Bedingungen auf die Skifahrer. Die Pisten sind gerade richtig hart. Der Schnee knirscht beim Reinstecken des Skistocks. Und manchmal sind auch laute Schergeräusche zu vernehmen. Und zwar dann, wenn sich wagemutige, aber nicht wirklich mit Können gesegnete Snowboarder die „Black Mamba“ hinabstürzen wollen, es aber lediglich zu einem vorsichtigen Runterrutschen reicht. Es ist eine schwarze Piste mit 63 Prozent Gefälle, die schon sehr giftig sein kann. Für Anfänger ist sie nix. Wie die Halfpipe mit monströsen Ausmaßen von 6,60 Metern Höhe und 160 Metern Länge. Wer die Schanzen des Snowparks bezwingen will, sollte ungefähr auch so gut auf Ski und Snowboard sein wie die jungen Einheimischen mit den langen Dreadlocks und tief sitzenden Hosen. Für weniger arrivierte Sportler gibt es am Kitzsteinhorn auch genug Hänge.
Entstehung der Gletscher
Seit dem tragischen 11. November 2000 hat es sich auch in das kollektive Gedächtnis Österreichs eingebrannt. Bei der größten Katastrophe der Zweiten Republik starben nach einem Seilbahnbrand 155 Menschen. Viel Geld wurde nach der Tragödie in Sicherheit investiert. Und die Besucher sollten den Naturraum intensiver erfahren. Die Endstation des Gletscherjet-Lifts beherbergt in der „Gipfelwelt 3000“ die „Nationalpark Gallery“, die etwa über die Entstehung der Gletscher und des Nationalparks Hohe Tauern informiert. Dazu gibt es die höchste Aussichtsplattform des Landes Salzburg. Wer sich mit dem metallenen „3029 m“ fotografieren lassen will, muss sich brav anstellen.
Von oben gibt es neben der beeindruckenden Gebirgszüge auch eine tolle Sicht auf Zell am See. Dort empfängt Gisela Holleis ihre Gäste im Hotel Salzburgerhof. Das Haus hat 6.000 Quadratmeter und fünf Sterne. Holleis ist 92 Jahre alt, trägt Blazer, Bundfaltenhosen, dazu Tuch, und perfekt sitzende Haare. Ob am Empfang oder im Restaurant, die Seniorchefin ist im großen Bau präsent. „Die Woche hat immer noch sieben Tage.“
Die Anfänge des Hotels waren kleiner: „Ich habe nach der Matura in den 1950ern beim Fremdenverkehrsbüro angefangen und dort in Frankreich die ersten Winterreisen nach Zell am See organisiert. Um die Hotellerie war es schlecht bestellt.“ Den Gästen sei etwa kein Gulasch kredenzt worden, sondern nur ein Kartoffelgulasch. Große Orangen seien halbiert worden. „Da gab es Aufstände. Die Franzosen begehrten auf und wollten wissen. Wo samma denn?“
Ihr Mann und sie wollten es in den 1960ern anders machen. „Wir haben als Frühstückspension angefangen und waren das erste Haus in Zell am See, das Bad und Dusche in jedem Zimmer hatte.“ Sie hätten „peu à peu“ erweitert. Die Ansprüche stiegen stetig, auf einmal betrieben sie ein Fünfsternehotel: „Damals in Zell am See haben sich zehn Häuser als Fünfstern-Kategorie eingereiht. Es gab noch keine Kommission. Als die kam, blieben wir als einziges Haus über.“
Heute steht eine riesige Burg mit Teich und Außenpool in einer großen Gartenanlage. Wobei Burg wörtlich zu nehmen ist: ein schlossähnlicher Bau beherbergt den großen Wellnessbereich. „Damit waren wir in den Neunzigern im Salzburger Land Vorreiter. Mein Steuerberater war beleidigt. Er hat mich gefragt, ob ich spinne, weil wir nach dem großen Bettentrakt gleich mit einer neuen Investition daherkamen.“
Auch Zell am See sei stets vorne dabei, wenn ein neues Land den Ort entdecke. Das sei nicht nur bei den Arabern, die hier besonders im Sommer das Paradies sehen. Das war auch bei den Russen so. Und die damaligen Klischees hätten in den Neunzigern durchaus gestimmt: „Am Anfang waren da schon viele Mafiosi dabei. Geld hatten sie in der Tasche, ausgegeben haben sie es wild. Umgehaut haben sie auch wild. Das hat sich dann später geändert“, sagt Holleis, deren Sohn das Grand Hotel betreibt.
Dass das hauseigene Restaurant des Salzburgerhofs drei Hauben habe, sei wie bei den Hotelsternen nie das Ziel gewesen. Das habe sich einfach so ergeben. Generell ist die Gegend mit mehrfach ausgezeichneten Lokalen gesegnet: In Zell am See allein gibt es acht Haubenlokale. Einheimische empfehlen oft eines, das ein paar Kilometer weiter westlich liegt: Die rustikale Rauchkuchl des 500 Jahre alten Schwaigerlehen-Anwesens in Stuhlfelden. Gekocht wird, wie der Name sagt, in einer Rauchkuchl. Karte gibt es keine fixe, gekocht wird das, was die Region und der eigene Garten hergeben. „Das gibt uns die Möglichkeit, die Menüfolge auf das auszurichten, was der jeweilige Tag hergibt. So ergibt sich eins aus dem anderen und bis zum Abend fügen sich die einzelnen Teile dann ganz selbstverständlich zu einem organischen Ganzen zusammen“, sagt Koch Tobias Bacher, der hier die Nachfolge seiner – in der Gegend legendären – Mutter Thresi angetreten hat.
Kochen im Schloss
Eine andere ausgezeichnete Küche gibt es im Mayer’s Restaurant, das im Schloss Prielau am Zeller See untergebracht ist. Der Koch Andreas Mayer wurde, als der Guide Michelin nicht nur Wien und die Stadt Salzburg bearbeitete, mit zwei Sternen ausgezeichnet. Das Schloss selbst gehört der Familie Porsche. Diese ist hier verwurzelt.
Seit 50 Jahren zermartern sich auch die kreativen Hirne von Porsche Design in Zell den Kopf. Im Studio F.A. Porsche tüfteln sie am Wohnturm wie am Dachziegel. Hier entstehen Konzepte von Küchengeräten bis Luxusjachten. Die markanten Wiener ULF-Straßenbahnen stammen ebenfalls aus der Kreativ-Schmiede. Das Studio hat Zell am See auch mit den Seilbahnen der Schmittenhöhebahn AG ausgestattet, die zu 57,9 Prozent der Porsche GmbH gehört. Wer damit den futuristischen Kabinen den Berg hinauffährt, kann sich gleich ein wenig wie James Bond fühlen, wenn er mit der Seilbahn zu einem durchgeknallten Superbösewicht in ein Sanatorium am Berg fährt.
Ein Porsche ist wiederum Teil des Kurses von Thomas Reitsamer. Der kernige Mann mit Lederhose und Megafon ist Inhaber der Jodelschule. Er lehrt in der Region und auf der ganzen Welt, viele Firmen kommen zu ihm fürs Teambuilding. „Wir in Zell am See sind ja arm“, sagt er. „Jetzt ist uns der Traktor eingegangen.“ Darauf folgt ein bedauernden „Aoaoau!“ – Teil eines Jodlers. „Jetzt müssen wir mit dem Porsche Cayenne pflügen.“
30.000 Menschen hat er schon das Juchizen, Schreien und Jodeln beigebracht. Zwischendurch macht er auch Witze – manchmal zotige. „Oft erkläre ich meinen Gästen aus dem Ausland, die Regierung lässt nur mehr Menschen mit Jodeldiplom ausreisen.“ Aber wer will schon schnell weg von hier?
Kuriose Fakten. Wusstet ihr, dass …
… im Sommer deshalb so viele arabische Touristen nach „Sillamsi“ kommen, weil es findige Marketing-Experten als Paradies beschrieben haben, wie es im Koran zu finden sei?
… in den 1960er- und 1970er-Jahren Taxiflüge nach Salzburg, Innsbruck und München angeboten wurden? Die Flieger starteten und landeten auf dem zugefrorenen See.
… der Vampirfilm „Metamorphosis“ mit Christopher Lambert in der Burg Kaprun gedreht wurde?
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