Tasmanien/Australien: Ein Museum am Ende der Welt
Das Museum of Old and New Art (Mona) auf der australischen Insel Tasmanien ist nichts für Moralapostel oder Menschen mit engem Kunstverständnis.
Von Stefanie Silber
Zeigt die Privatsammlung des Glücksspielmillionärs David Walsh (kl. Bild) doch Exponate wie Cunts ... and other conversations, eine Installation von Greg Taylor, bestehend aus hunderteinundfünfzig Porzellanabgüssen von Vaginas. Oder Cloaca (Wim Delvoye), eine Art Verdauungsmaschine, die sich, regelmäßig gefüttert, täglich vor den Besuchern entleert. Auch namhafte zeitgenössische Künstler wie Christian Boltanski, Ryoji Ikeda, Ai Weiwei, Nam June Paik, Gerhard Richter, Charles Ross und Jean Tinguely sind in der ungewöhnlichen Sammlung, die sich auf die Themen Sexualität und Tod fokussiert, vertreten. Antike römische Statuen, griechische Münzen und ein ägyptischer Sarkophag schaffen ein Spektrum von sechstausend Jahren Kunstgeschichte.
Hinweisschilder zu den Exponaten sucht man im Mona vergeblich. Der Audioguide lässt einem die Wahl zwischen traditioneller kunsthistorischer Einordnung und der persönlichen Einschätzung des Museumsgründers. Walsh, aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen, weigerte sich als Kind standhaft, zur Kirche zu gehen. Also schickte ihn seine Mutter sonntags ins Museum und legte so den Grundstein für dessen Kunstleidenschaft. Als Mathematikstudent entwickelte er ein System, um Spielbanken zu knacken. Die hohen Gewinne investierte er in seine exzentrische Sammlung und in den Bau des architektonisch spektakulären Mona. Dessen unterirdischer Gebäudekomplex ist fast doppelt so groß wie das Guggenheim in New York und arbeitet viel mit schiefen Ebenen, spitzwinkelig zulaufenden Wänden, labyrinthischen Räumen und frei schwebenden Treppenaufgängen. 2011 eröffnet, lockt das Museum jährlich etwa 400.000 Besucher an und hat sich zur wichtigsten touristischen Attraktion Tasmaniens und seiner Hauptstadt Hobart entwickelt. Walsh selbst wird ein Hang zum Größenwahn nachgesagt. Sein Museumsparkplatz ist mit „Reserved God“, der seiner Frau mit „Reserved God’s Mistress“ gekennzeichnet. Ob man diese Einschätzung teilt oder nicht, sicher ist: Walsh hat mit dem Mona ein einzigartiges Gesamtkunstwerk geschaffen und das Konzept Museum am anderen Ende der Welt neu erfunden.
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