Wellenritt im Nordatlantik: Eine Kreuzfahrt von Island nach Irland

Dort, wo purer Luxus auf raue Natur trifft, öffnen sich Weitblicke in den Horizont und die Chance, mit Walen und Delfinen zu schwimmen.

Kein Seegang. Kein Schlingern. Und das im Nordatlantik. Die erste Nacht auf hoher See auf dem frisch getauften Schiff verläuft friedlich. Unbemerkt hat die „Norwegian Prima“, das neue Prachtstück der in Miami beheimateten Kreuzfahrtreederei NCL, in der Nacht im Hafen von Reykjavik abgelegt, wo sie wie ein Fremdkörper gelegen war.

Der Hafen der isländischen Hauptstadt war auch ein ungewöhnlicher Ort für eine Schiffstaufe: So karg das Hinterland mit Lavafeldern und Geysirgebieten, so glamourös war der Festakt mit Taufpatin und Rockstar Katy Perry.

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Das Schiff protzt auch so mit Superlativen. Vierzehn Restaurants von Sushi bis zu Französisch, neue Food-Konzepte. Sogar eine Gokart-Bahn gibt es am obersten Deck, Theater-Bühne und Top-Showprogramm auf Broadway-Niveau. Die Gäste auf dem Kreuzfahrtschiff erwartet also ein Rundum-Sorglos-Paket.

Schiffsneulinge brauchen ein paar Anläufe, um sich hier zurechtzufinden. Ganz im Gegensatz zu den vielen eingeschworenen Kreuzfahrern an Bord. Unter ihnen wird heftig diskutiert, ob die Prima wirklich der Star unter den Kreuzfahrtschiffen ist. Schnell werden Vergleiche zu unterschiedlichen Flotten gezogen. Reichen die Pool- und Infinity-Bereiche? Weil ausgiebiges Schwimmen an Bord wohl nicht möglich ist. Ein Kenner vermutet, dass es so glückt, die dreitausend Gäste ein wenig zu entzerren und Alternativen zum Haupt-Pool zu bieten.

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Großzügige Lounge-Bereiche mit millionenschweren Kunstinstallationen im Freien zeichnen den Luxusdampfer wohl eher als Schönwetter-Schiff im Karibik-Modus aus. Doch warm eingepackt wagen sich Passagiere auch hier nah an das Wasser, wo der Horizont in den endlosen Weiten versinkt. Das leere Bild löst eine Gruppe von gigantischen Walen auf: Mit ihrem Blas, jenen hohen Säulen von Atemluft, die in die Höhe schießt. Es erinnert schmerzlich an eine Tradition in den Gewässern vor Island, die längst der Vergangenheit angehören sollte. Allein 148 Finnwale – bis zu sechsundzwanzig Meter lang und das zweitgrößte Säugetier der Welt – wurden in der heurigen Fangsaison getötet. Erst im übernächsten Jahr will die isländische Regierung den kommerziellen Fang endgültig beenden. Wer an „Moby Dick“ denkt: Passagiere sind für die gigantischen Meeressäuger uninteressant. Im sauerstoffreichen Wasser des Nordatlantik finden sie hochwertige Nahrung, hier kommen überproportional viele Fische aller Größen vor.

Etwa tausend Seemeilen trennen den Hafen von Reykjavik vom Ziel der Jungfernfahrt im Süden Irlands: „Diese Schiffe sind groß und stark. Sie können mit jedem Wetter umgehen“, weiß Kapitän Roger Gustavsen. Der Norweger mit Seefahrer-Gen kennt es auch anders. Er manövrierte eine Crew schon durch Ausläufer des Hurrikans Sandy, wo sich zehn Meter hohe Wellen türmten. Hohe Gezeiten-Unterschiede fordern sein Team auf der Brücke auch in den Häfen der Jungfernfahrt über Cork in Irland bis Amsterdam.

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Österreichische Gastfreundschaft

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Die gröbste Durststrecke durch die Corona- Pandemie scheint in der Branche erst einmal überstanden. 36.000 Crewmitglieder waren fünfhundert Tage lang ohne Arbeit und Lohn. Jetzt floriert das Geschäft wieder. „Die Leute wollen weg. Wir freuen uns auf eine gute Zukunft“, sagt CEO Harry Sommer optimistisch. Die Crew auf seinen Schiffen ist bunt, das Flair international: Sie kommt aus bis zu achtzig verschiedenen Nationen. Wie Christopher, der im Service Passagiere verwöhnt. In seiner Heimat St. Vincent in der Karibik war er Butler und wollte mit dem Job am Schiff einen höheren Level erreichen. Oder Roy aus Peru, der Cocktails in der Soleil Bar mixt.

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Und Klaus Lugmaier, als Österreicher Binnenländer mit früher Seefahrer-Liebe. Geboren in Amstetten, gehört er schon seit vierunddreißig Jahren zum Team der Reederei und ist mittlerweile zum „Regional Vice Manager“ aufgestiegen. Sein breites Grinsen erinnert mehr an die Sonne Floridas, seine zweite Heimat, als an die Berge. Von seinem kumpelhaften Umgang halten die internationalen Teams viel. „Man schätzt die Österreicher und ihre Gastfreundschaft weltweit in der Branche“, erzählt Lugmaier. Einen Fachkräftemangel gibt es auf hoher See nicht. Schon nächstes Jahr sticht die Prima wieder in Nordeuropa in See.

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Reiseinfos

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Alle Informationen über Angebote, Routen, Preise von Innen- bis Balkonkabinen und einen Überblick über die Flotte der Reederei auf der Homepage von Norwegian Cruise Line: ncl.com

Routen
Ab dem Frühjahr 2023 sticht die Norwegian Prima wieder in Nordeuropa in See. Die Reisen nach Nordeuropa mit Reykjavik als Start- bzw. Endhafen fallen unter das NCL- Programm „Außergewöhnliche Reisen“. Angefahren werden vor allem Häfen, die außerhalb des Mainstreams liegen

– Transatlantic: Halifax & Akureyri, 11 Tage,  Mai 2023, ab 1.909 €. Von New York über Halifax und Sydney in Kanada bis Akureyri und Isafjördur (Island), Reykjavik

– Nordeuropa: Island und Norwegen nach London,
10 Tage, Mai 2023, Juli bis September 2023, Mai bis September 2024, ab 2.001 €.
Von Reykjavik, über Isafjördur und Akureyri (Island), Ålesund, Geiranger und Bergen (Norwegen) bis Amsterdam, Brüssel/Brügge und London 

–  Transatlantik-Kreuzfahrt: Frankreich und Island, 
15 Tage, April 2024, ab 2.339 €. New York, Halifax, Reykjavik, Belfast, Brüssel/Brügge, Paris (Le Havre), London 

Über Sabine Salzmann

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