Menorca: Die Insel, von der die Mayonnaise kommt
Balearen: Wohltuend unterscheidet sich die "kleinere Insel" von ihrer größeren Schwester Mallorca – wodurch, verrät Ihnen der folgende Menorca-Guide.
Überblick
„Sei brav oder du kommst nach Menorca“ sollen angeblich spanische Mütter jahrzehntelang ihren Kindern angedroht haben, wenn sich diese nicht Mama-konform verhielten. Hintergrund dieser wenig freundlichen Ankündigung: Menorca stand im Spanischen Bürgerkrieg (1936-1939), anders als seine große Nachbarinsel Mallorca, auf Seiten der demokratisch gesinnten Republikaner. General Franco, der Führer der Nationalisten, hasste deswegen Menorca und ließ nach der Kapitulation der Menorciner eine Festung auf der Halbinsel La Mola zu einem Gefängnis für politische Gegner ausbauen. Heute stellt ein Besuch der „kleineren Insel“ (so die wörtliche Übersetzung von Menorca) alles andere als eine gefährliche Drohung dar. Wohltuend unterscheidet sie sich von ihrer größeren Schwester Mallorca – wodurch, verrät Ihnen der folgende Menorca-Guide.
Traumbuchten
Zugegeben, schöne Strände hat Mallorca ebenfalls zu bieten. Aber: Die schlauen Menorquiner haben schon früh darauf geschaut, dass selbige nicht gnadenlos mit Hotels zubetoniert werden. Im Klartext: Viele der Traumbuchten im Süden der Insel sind nur zu Fuß oder mit dem Boot erreichbar. Zu den schönsten Stränden zählen zweifellos die Cala en Turqueta („Türkisbucht“), Son Saura, Cala Trebalúger und die – schon mehrfach als schönste Bucht Spaniens ausgezeichnete – Cala Macarelleta.
Zwei Hauptstädte
Die Orientierung fällt auf Menorca nicht schwer: Im Osten die englisch geprägte jetzige Hauptstadt Mahon (Maó), 50 km weiter westlich der spanisch geprägte frühere Regierungssitz Ciutadella – verbunden sind die beiden Kleinstädte durch die einzige nennenswerte Überlandstraße der Insel (die originellerweise den Namen ME 1 trägt). Welche der beiden Städte die attraktivere ist, ist Geschmackssache. Mahón hat jedenfalls kulinarisch die Nase vorn: Hier soll im Jahr 1756 der französische Duc de Richelieu die „Sauce Mahonnaise“ erfunden haben – die später als Mayonnaise ihren Siegeszug um die Welt antrat.
Fjord-Feeling
Der Grund, warum die Briten 1722, kurz nach der Besetzung Menorcas, Ciutadella den Rang der Hauptstadt entzogen und Mahón zur Kapitale gemacht hatten, war ein militärischer: Der Hafen der Stadt ist der spektakulärste im Mittelmeer – ein 5,5 km langer und bis zu 1,2 km breiter fjordartiger Einschnitt, in dem Englands gesamte Kriegsflotte ankern konnte. Heute machen hier Kreuzfahrtschiffe aus aller Herren Ländern Station. Eine Hafenrundfahrt zählt zu den absoluten Highlights eines Menorca-Aufenthalts.
Pretty Ballerinas
Kaum zu glauben: Die dem Vernehmen nach von Promis wie Kate Moss und der spanischen Königin Letizia häufig getragenen Pretty Ballerinas stammen aus Menorca. Die Fabrik von Jaime Mascaró befindet sich ziemlich genau in der Inselmitte im unscheinbaren Örtchen Ferreries. Einen Besuch im dortigen Store kann man angesichts der Outlet-Preise auch als Nicht-Hollywood-Star einplanen.
Rund um die Insel
Eher weniger angesagt sind die schicken Ballerinas auf dem Camí de Cavalls. Dieser einst von den Briten zu militärischen Zwecken angelegte Reitpfad wurde 2010 zum Wanderweg umfunktioniert und führt entlang der Küstenlinie in fast 1. 200 km rund um die Insel. Wichtigstes Wanderutensil ist die Badehose: Der Weg führt, vor allem im Süden, von einer schönen Bucht zur nächsten.
Alles Käse
Eine optische Überraschung bereiten den Wanderern die schwarz-weiß gefleckten Friesischen Kühe, die sich oft hinter den für Menorca typischen Trockensteinmauern tummeln und die so gar nicht in die mediterrane Szenerie passen wollen. Kein Wunder: Die Rinder wurden im 18. Jahrhundert aus den Niederlanden eingeführt. Aus ihrer Milch wird der berühmte menorquinische Käse Queso de Mahón produziert. Verkauft wird selbiger so gut wie in jedem Lebensmittelladen – und das zu wirklich wohlfeilen Preisen.
Pferde-Fest
Stolz sind die Menorquiner nicht nur auf ihren Käse, sondern auch auf ihre eigene Pferderasse. Die schlanken, schwarzen Pferde werden bei den jährlichen Patronatsfesten vorgezeigt – besonders beim Fest zu Ehren des Stadtpatrons von Ciutadella (Festa Major de San Joan). Ende Juni verwandelt sich das Städtchen für einige Tage in ein Tollhaus: 200 Reiter ziehen in Prozessionen durch die Altstadt, zeigen waghalsige Tänze auf den Hinterhufen und beweisen bei diversen Wettbewerben ihre Geschicklichkeit. Die bis zu 30.000 Zuschauer, die aus allen Teilen der Insel zusammenströmen, feuern die Akrobaten an, werfen Haselnüsse und machen die Nächte durch.
Naturschutz:
1991 wurden rund 41 % (!) der Insel unter Naturschutz gestellt und zur nicht bebaubaren Fläche erklärt. Seit 1993 trägt Menorca den Titel eines UNESCO-Biosphärenreservats. Das Kernstück des Reservats ist der im Osten liegende Naturpark S“Albufera des Grau, der ein Eldorado für Vogelbeobachter ist (angeblich wurden bislang über 200 verschiedene Vogelarten gezählt). Wer es mit der Ornithologie nicht so hat, kann den Park in ca. 5 Stunden von Norden nach Süden durchwandern – und sich darüber freuen, wie gut es den Menorquinern gelungen ist, Tourismus und Naturschutz unter einen Hut zu bringen. Letzteren sollten Sie übrigens auf dieser Wanderung keinesfalls vergessen.
Anreise: Was Sie wissen sollten
Anreise: Direktflüge ab Wien mit Austrian Airlines.
Beste Reisezeit: Mai bis Ende September
Auskünfte: Spanisches Fremdenverkehrsamt (spain.info), 1010 Wien, Walfischgasse 8, Tel. 01/512 95 80-10.
Unterkunft: Im Gegensatz zu Mallorca gibt es auf Menorca nur wenige Fincas (hier Agroturismo oder Hotel Rural genannt). Tipp: Hotel Rural Morvedra Nou, 10 km südwestlich von Ciutadella (DZ/NF ab 52 € pro Person); guter Ausgangspunkt für Wanderungen, morvedranou.es Ganzjährig geöffnet sind nur Stadthotels.
Basisliteratur: Robert Zsolnay, Menorca (Michael Müller-Verlag: 3. Auflage 2018, 280 Seiten, 17,40 €). Wanderführer: „Der Camí des Cavalls in Menorca.“ (Triangle-Postals Verlag, 2015), 240 Seiten, mit genauen Wegbeschreibungen und umfangreichem Kartenmaterial, 16,90 € (erhältlich u.a. am Flughafen von Mahon
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