Inselgeschichten: Ibiza kann so viel mehr als Party
Strandleben im Bohemian-Style, Sundowner am Beach und ein Felsen machen Ibiza zum Trend-Ziel.
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Juni bis Oktober
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Mit einem Schwung und einem charmanten Lächeln setzt die brünette Kellnerin das große Tablett ab. Die darauf drapierten kleinen Schalen mit frischen Boquerones (marinierte Sardellen), saftigen Gambas (Garnelen), herzhaften Lammspießen und Albóndigas (Fleischbällchen), gegrillten Pimientos (Paprikaschoten) und einer saftigen Tortilla platziert sie nach und nach auf den schmalen Holztisch – bis sich auf diesem gerade noch Platz für den Brotkorb findet. Österreichs Polit-Skandal? Ibizagate? Alles kein Thema in der kleinen Tapas-Bar „Destino“ im entzückenden Ort Sant Josep de sa Talaia. Vor mehr als 20 Jahren hat der Inhaber aus Wiesbaden das Lokal von seiner Mutter übernommen und kocht seither authentische spanische Inselküche. Bereits in der Nebensaison gut gefüllt, ist das Reservieren in der Hochsaison unbedingt nötig – das gilt nicht nur für das „Destino“, sondern auch für fast nahezu alle anderen Hotspots auf Ibiza.
Die meisten Touristen kommen aus Großbritannien, vor Spanien, Italien und Deutschland. In jüngster Zeit reisen auch immer mehr Holländer auf die Mittelmeer-Insel, sie sind es auch, die sich dort zunehmend in eigenen Häusern niederlassen, heißt es. Nicht so bei der Ibizagate-Villa: Diese liegt von hier aus etwa 15 Minuten Autofahrt entfernt in der Nähe von Sant Rafel und gehört einem Italiener. Doch egal, welche Nation: Ibiza boomt, und das seit Jahren. Landeten 2005 noch 4,1 Millionen Passagiere auf Mallorcas kleiner Nachbarinsel, stieg die Zahl laut Flughafen 2018 auf 8,1 Millionen – und das bei nur 145.000 Einwohnern. Auch viele Prominente fliegen auf die Insel – im wahrsten Sinne des Wortes. Neben Saint Tropez gilt Ibiza als angesagter Hotspot für Stars. Jedes Jahr urlauben hier Schauspieler und Top-Models, darunter Leonardo DiCaprio, George Clooney, Naomi Campbell oder Paris Hilton.
Nicht nur die vielen Sonnenstunden und das entschleunigte Inselleben machen Ibiza so besonders. Es ist der lässig-leichte Lifestyle, der Stil-Mix aus Boheme und Design, das lebensfrohe Flair – mit kühlem Drink in der Hand und warmem Sand zwischen den Zehen lässt sich das Leben unter den Stroh-Schirmen richtig genießen. Mit sanften Chill-out-Bässen an den Stränden, wo in Freiluft-Shops auf schlichten Kleiderstangen luftige Tuniken, Strandtücher, bunte Armbändchen, Ketten, Ringe und Taschen baumeln und in den Restaurants frisch gegrillte Fische oder saftige Paellas auf die Tische kommen. Und wenn abends die Sonne blutrot im Meer versinkt, wird in den Beachbars gejubelt, als wäre es der schönste Tag des Lebens gewesen. Um es am nächsten Abend zu wiederholen. Und am übernächsten. Immer wieder.
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Hippie-Flair in den Gassen des Städchens
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VIele Aussteiger kamen in den 50er- und 60er-Jahren nach Ibiza
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Ibiza ist für das klare Wasser bekannt und kleine exquisite Buchten, in denen Schiffe und Yachten ankern wie hier im Südwesten
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Die „Bar Costa“ im malerischen Ort Santa Gertrudis ist bekannt für ihre Schinken
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Auf Ibiza sind viele Balkone bunt gestaltet und gesäumt mit für Ibiza typischen Hüten und Flechtkörben, auch in Ibiza-Stadt
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Charakteristisch auf Ibiza: Kleine Shops mit handgefertigtem Schmuck, wie hier in Santa Gertrudis.
Doch es gibt noch etwas, das Ibiza magisch macht. Etwa zwei Kilometer vor der Westküste hebt sich die mythenumwobene Felsinsel Es Vedrà aus dem Meer – ihr werden besondere Kräfte nachgesagt. Seefahrer berichten, Kompassnadeln würden in der Nähe falsch ausschlagen. Für Forscher ist das ein Phänomen, denn die magnetischen Energien lassen sich wissenschaftlich nicht erklären. In der Antike saßen einer Sage nach Sirenen auf dem Felsen und lockten Seefahrer in den Tod – einzig Odysseus soll es gelungen sein, sie unbeschadet zu passieren. Heute verfügt die Schifffahrt über moderne Navigationsinstrumente und Sirenen sind keine Gefahr, doch die Felsinsel sorgt immer noch für Überraschungen. Die einen meinen, sie sei ein Teil von Atlantis, anderen wollen hier UFOs gesehen haben, doch die meisten schwören auf die entspannende Wirkung der Energien. Der Fels ist heute unbewohnt, nachdem dort zuletzt im 19. Jahrhundert ein Mönch als Eremit gelebt haben soll. Heute steht er unter Naturschutz.
Wer Ibiza abseits der Partytempel wirklich verstehen möchte, sollte sich auch ausreichend Zeit für die Hippie-Märkte nehmen, denn dort ist die Geschichte der Insel spürbar wie kaum anderswo. Viele der „Aussteiger“ in den 50ern und 60ern, die auf die Insel kamen, waren Kreative und begannen, mit ihren selbstproduzierten Ketten, Kleidern, Hüten und Armbädern zu handeln – die Geburtsstunde der Märkte auf der Insel. Getroffen hat man sich schon damals in der „Bar Anita“ in Sant Carles – hier konnte man sich ein Postfach mieten, um mit den Daheimgebliebenen in Kontakt zu bleiben. An rustikalen Tischchen wurden unentwegt Briefe geschrieben, dazu Tapas gegessen und Kaffee, Wein und Bier getrunken. Die nummerierten Kästchen gibt es immer noch, und auch sonst hat sich die Bar über Jahrzehnte hinweg kaum verändert. Mittlerweile gilt sie als Institution von Ibiza.
Im „Destino“ in Sant Josep sind die kleinen Schalen mittlerweile leer, nur eine letzte Sardelle liegt im grasgrünen Olivenöl. Neben dieser authentisch-unkomplizierten Tapas-Küche hat sich auf Ibiza vor allem im vergangenen Jahrzehnt aber auch ein anderer kulinarischer Zweig entwickelt, besser gesagt eine exklusive Gourmetszene. Die absolute Spitze dabei: das „Sublimotion“ im Hard Rock Hotel. Dort soll es das kostspieligste Menü der Welt geben. Für 1.500 Euro pro Person werden etwa 20 Gänge serviert, Zwei-Sterne-Koch Paco Roncero tischt Kreationen vor allem aus der Molekularküche auf. Kann man mögen, muss man aber nicht. Boquerones sind dort wohl nicht dabei.
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