An der Adria: Das Lagunen-Gold von Lignano

Glamouröse Ferienort-Architektur der Siebzigerjahre am Strand und in der Stadt, alte Fischerhütten in der Lagune. Lignano Sabbiadoro zeigt, wie scheinbare Gegensätze zusammengehören

Überblick

Klimafreundliche Anreise 

Mit dem Railjet von Wien bis Venedig oder Triest, dann mit dem Regionalzug bis Latisana und mit dem Bus bis Lignano Sabbiadoro.

Währung

Euro

Bagger rollen über den Strand von Lignano Sabbiadoro. Von „Sabbiadoro“, dem namensgebenden goldenen Sand, ist nichts zu sehen. Stattdessen schaufeln die Bagger dunkelbraunen Sand und verteilen ihn schwerfällig auf dem acht Kilometer langen Strand, über den bald nackte Urlauber-Füße laufen werden. Während die Lignanesen die Sonnenschirme und Liegen auf den Strand tragen, leckt das Meer den neu herangeschafften Sand schon wieder auf.

Der braune Sand, den die Bagger verteilen, kommt aus der Mündung der Lagune von Marano beim roten Leuchtturm an der Spitze der Halbinsel. Erst wenn er trocknet, bekommt er seine goldene Farbe, die Lignano beliebt bei Urlaubern macht. Die Lagune, aus der der Sand kommt, erreicht man, indem man auf die andere Seite der Halbinsel spaziert. Auf dem Weg dorthin quert man die Straßen des Urlaubsortes und wandelt unter Pinienbäumen. Dort reihen sich gepflegten Balkone der Siebzigerjahre-Häuser aneinander. Mal glamourös geschwungene weiße Gitter, mal günstige Plastik-Lattenzäune. Manchmal mogelt sich eine Glasbalustrade aus dem neuen Jahrtausend darunter.

Die Villa Mainardis von Architekt Marcello D’Olivo  ist eine der vielen Villen in Pineta

©Sophie Neu

Die Villen von Lignano

Geprägt hat das Aussehen von Lignano der Architekt Marcello D’Olivo. Er ließ in den Fünfzigern das Stadtviertel von Pineta in der Mitte der Halbinsel in einem Pinienwald anlegen, mit dem Ziel, Touristen anzulocken – mit Erfolg. Das Einzigartige an Pineta: Die Straßen wurden in Form einer Spirale angelegt. Sie kreiseln sich bis in den Kern des waldigen Viertels. Entlang der Straßen protzen auf den sanften, überwachsenen Sanddünen Architekten-Villen mit getrimmten Gärten.

Die Villen zeigen die Pläne, die man für Lignano Pineta hatte. Und die, wie in vielen Reißbrettstädten, über den Haufen geworfen wurden. Die Kreiselstraße sollte ein Domizil für Schriftsteller Ernest Hemingway bieten. Man schenkte ihm ein Grundstück, aber Hemingway zeigte sich (trotz einer gar nicht so geheimen Liebschaft in Lignano) nicht interessiert. Die Stadt machte das Beste aus dem Korb, den sie von Hemingway kassiert hatte, und baute stattdessen auf dem Grund den Hemingway-Park.

Lignanos Wahrzeichen: Die Terrazza a Mare bei Nacht

©Sophie Neu

Lignanos Wahrzeichen: Die Terrazza a Mare bei Nacht

Die Terrazza a Mare ist eines der auffälligsten Bauwerke in Lignano, gleichzeitig ein Restaurant und eine Bar mit großartigem Ausblick von der Terrasse auf die Adria und den goldenen Strand Lignanos. In den Siebzigern vom Stararchitekten Aldo Bernardis entworfen, ist die Meeresterrasse bis heute das Wahrzeichen Lignanos.

Durch die Planstadt zieht sich wie eine Hauptader der Treno (deutsch: Zug). Ein Zug, der gar kein Zug ist – sondern eine Einkaufspassage. Der Treno erinnert einen daran, dass man nicht in einer großen Parkanlage, sondern in einem Ferienort ist: Gelateria, Strandmode-Boutiquen, Trafiken mit deutschsprachigen Magazinen – alles ist auf Touristen ausgelegt. Das lange Gebäude durchschneidet den Straßenkreisel von Pineta und verbindet die futuristische Kirche Christo Redentore am einen Ende, die an eine Fischerhütte erinnert, mit dem goldenen Sandstrand am anderen Ende.

Unter spitzen Schilfdächern

Casoni in der Lagune von Marano

©Li.Sa.Gest/Lignano Sabbiadoro

Die echten Fischerhütten des alten Lignano, aus der Zeit vor den Touristenmassen, findet man heute nicht mehr. Wenige alte Gebäude wurden erhalten und von der Fischereikultur bekommt man wenig mit. Um sie zu erleben, muss man dem Sand von Lignano zu seinem Ursprungsort auf die andere Seite der Halbinsel folgen: zur Lagune von Marano.

Dort, wo sich im weichen, gelben Sand unter dem seichten Salzwasser die Spuren langbeiniger Vögel abzeichnen und kleine Krabben krabbeln, findet man bis heute auf kleinen Inseln die Casoni. Sie sind alte Fischerhütten und stammen aus einer Zeit, in der man in Lignano von der Fischerei lebte. Unter den spitzen Schilfdächern übernachteten bis in die Fünfzigerjahre die Fischer während der Saison – heute sind sie ein beliebter Party-Ort für junge Italiener.

Das Netz der Bilancia di Bepi

©Sophie Neu

Einblicke in das Dasein als Fischer in der Gegend gibt es bis heute in der Bilancia di Bepi (zur italienischsprachigen Webseite), die in dritter Generation geführt wird. Sie liegt am nördlichen Rand der Lagune nahe der Mündung des Stella-Flusses. Nach alter Tradition fischt man hier mit einem schwebenden Netz, das quer über den Fluss gespannt ist.

Immer wieder wird es ins Wasser gesenkt, bis genug Fische darin sind. Der Prozess ist langsam und die Ausbeute nicht immer lohnend. Trotzdem hält man in der Bilancia di Bepi an der traditionellen Methode fest. Das gefällt den Touristen aus Lignano, die auf der Suche nach den Ursprüngen der heutigen Lagunenstadt den aufgeschütteten Goldstrand und den glamourösen Ferienort verlassen.

Info

Unterkünfte
Hotel Vittoria, eines der ältesten in Lignano, direkt am Strand, Dachpool mit Blick aufs Meer. Fahrräder zur freien Benutzung. In den Sommermonaten ab 85 Euro p. P. inklusive Frühstück. 
Hotel Restaurant La Pigna. Mitten im ruhigen, waldigen Pineta gelegen, sehr gute Küche. In den Sommermonaten ab 62 Euro p. P. inklusive Frühstück

Wein
Viele Weine aus Julisch Friaul und Venetien haben durch den Salzgehalt in der Luft und dem Wasser einen salzigen Nachgeschmack. Zu verkosten etwa beim Winzer Fausto Ghenda bei Marano Lagunare.

Allgemein
Weitere Informationen und Ausflugsmöglichkeiten in und um Lignano unter lignanosabbiadoro.it/de

Sophie Neu

Über Sophie Neu

SEO (Suchmaschinenoptimierung) und am Newsdesk im Einsatz. Seit 2022 beim Kurier. Zuvor im Reise-Ressort. Schrieb davor als freie Journalistin unter anderem für die Wiener Zeitung. Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Wien.

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