Schauspielerin Isabelle Huppert (70): "Ich spiele keine Opfer"
Die Schauspielerin hat keinerlei Berührungsängste mit "schwierigen" Rollen, ihr Privatleben hält sie unter Verschluss.
Zwei Cesárs, ein Golden Globe, eine Oscarnominierung. Und bis dato 152 Filme. Das ist die professionelle Biografie von Isabelle Huppert. Die private Seite hat sie immer akribisch geheim gehalten, so gut das in einer Industrie, in der Gossip floriert, eben möglich ist. Heute, Donnerstag, feiert sie ihren 70. Geburtstag.
Mit 13 erklärte Isabelle Huppert, dass sie vorhatte, Schauspielerin zu werden. Mit 16 spielte sie ihre erste Rolle, in ihrem zweiten Film, "César et Rosalie" (1972) war sie Romy Schneiders kleine Schwester. Für Claude Chabrols "Violette Nozière" gewann sie den Preis für die Beste Darstellerin in Cannes. "Bedroom Window" (1987) mit Steve Guttenberg und Elizabeth McGovern war ihr internationaler Durchbruch.
Mut zu riskanten Rollen
Sie hatte nie Angst vor Rollen, die Kolleginnen als zu riskant empfanden. Sich vor der Kamera für die richtige Rolle auszuziehen, war für sie nicht einmal der Rede wert: "Ich möchte klarstellen, dass die Schauspielerei als Beruf viel zu überbewertet wird: Schauspieler werden von zu viel Applaus verdorben. Was riskieren wir schon, wenn wir auf der Leinwand sind? Unsere nackten Brüste zu zeigen?"
Fragwürdige Charaktere darzustellen war ebenfalls kein Problem: auf ihrem Resümee stehen Bordellmütter, Kriminelle und Masochistinnen genauso wie einfache Mädchen von nebenan, Aristokratinnen und historische Figuren. Risiken einzugehen, sieht sie als Selbstverständlichkeit: "Die einzig riskante Entscheidung für einen Schauspieler ist mit einem schlechten Regisseur zu arbeiten. Also habe ich immer die Besten gewählt – wie Chabrol und Haneke."
Provokanter Film
Mit Claude Chabrol drehte sie sieben Filme, mit Michael Haneke vier, darunter das von Kritikern hochgelobte, aber auch provokante "Die Klavierspielerin". Sie beschrieb die Rolle: “Sex ist eine Art, dein Leben zu kontrollieren, aber es ist auch ein Weg die Kontrolle darüber zu verlieren.“
Kritiker haben ihre Rollen oft als Opfer beschrieben. Sie könnte dem gar nicht heftiger widersprechen: „Ich spiele keine Opfer. Und diese Figuren wollen keine sein. Sie werden vielleicht in Situationen gezwungen, in denen sie zu Opfern werden könnten, aber das ist nicht mein Zugang, wenn ich sie verkörpere.“ Huppert hat sich auch immer geweigert, journalistische Recherche zu betreiben, wenn sie die Rolle einer wahren Person angenommen hat.
Sie findet, das stört nur: "Schauspielen hat mehr mit Vorstellungskraft zu tun. Ich recherchiere nicht, folge nicht dem üblichen Muster. Es geht doch nur darum, ein gutes Drehbuch, eine gute Story, eine gute Rolle und vor allem einen guten Regisseur zu haben." Aus diesem Grund nahm sie 2016 die Titelrolle in „Elle“ an, für die sie den Golden Globe gewann – sie wollte mit Paul Verhoeven arbeiten.
Vor ihr hatten viele Schauspielerinnen – alle amerikanisch und puritanisch – den Part des rachsüchtigen Vergewaltigungsopfers, das den Täter verfolgt, abgelehnt. "Ich habe keine Angst vor solchen Rollen, weil ich kein Problem mit dieser Art von Unmoral in einer Story habe. Literatur und Film sind wie gemacht für solche Geschichten. Sie sind nicht dazu da, das Publikum zu streicheln, sondern ungewohnte und unbequeme Gefühle zu wecken. Es ist nicht mein Job, eine Figur sympathisch zu machen. Mein Job ist es nur, die Figur verständlich zu machen."
Privates bleibt Privat
Ihr Privatleben hält Isabelle Huppert geheim. Tatsache ist, dass seit 1982 ihr Lebenspartner der Produzent und Regisseur Ronald Chammah ist, mit dem sie drei Kinder hat: Angelo, Lorenzo und Lolita.
Mit ihrer Tochter, die ebenfalls Schauspielerin ist, hat sie fünf Filme gemacht, darunter "Copacabana" und "Barrage". Wenn sie nicht dreht, liebt sie es TV-Serien zu bingen. Sie hat keinen Führerschein und benützt keinen Computer.
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