Burger oder Belugalinsen: Warum es nicht egal ist, wie ihr vor dem Sex esst

Gut essen und guter Sex gelten als zeitlos schöne Liaison. Dass Menschen mit leerem Magen Liebkosungen weniger intensiv fühlen, ist allerdings neu.

Um möglichst unmoralisch zu sein, gibt es kein besseres Mittel, als zwei so ultimative Genüsse wie gut Essen und gut Lieben miteinander zu verbinden“, schreibt Manuel Vázquez Montalbán in seinem Buch "Unmoralische Rezepte" – übrigens ein empfehlenswerter Klassiker in Sachen "erotische Küchengeheimnisse“. 

Gemeinsamer Genuss, gemeinsames Essen wirken aphrodisierend, ist er überzeugt – und damit meint er vermutlich nicht die letscherten Frankfurter vom Imbiss am Bahnhof oder das gierig verschlungene Käseleberkässemmerl, sondern opulent-raffinierte Gerichte wie Trüffelpüree an Steinbutt nach Teufelinnenart.

Doch auch das Rezept "Erst ausgehen, später näher aufeinander eingehen" ist von zeitloser Schönheit. Selbst in Zeiten von Online-Unverbindlichkeit und Wisch-Weg-Apps klingt der Satz "Ich habe einen Tisch für zwei reserviert" haltlos animierend. Ein Dinnerdate mit etwaiger Aussicht auf anschließenden Geschlechtsverkehr ist und bleibt appetitlich und prickelnd – nach dem Motto "vom Soufflé ins Séparée".

Wenn’s im Bauch rumort, fällt es schwer, sich beim Sex fallenzulassen und zu entspannen. Der Genuss von Hülsenfrüchten wie Erbsen oder Linsen kann als prekär eingestuft werden.

Essen als Lustkiller?

Wie wichtig es ist, sich gut genährt ans Schnackseln zu wagen, zeigen nun Forschungsergebnisse von der Universität Oslo. Die Erkenntnisse, schlicht zusammengefasst: "Sanfte Liebkosungen", ob vor, beim oder nach dem Sex (aber auch ganz ohne Sex) werden als weniger angenehm empfunden, wenn der Magen knurrt. Dafür ließen die Forscher ihre Probanden fasten, schließlich wurden sie am Schienbein gebürstet (= sanfte Berührung), während man ihre Gehirne im Scanner beobachtete. 

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An den Essenstagen empfanden die Versuchspersonen die Berührungen als angenehmer, während sie an den Fastentagen weniger empfänglich dafür waren. Das alles hat mit dem Hungerhormon "Ghrelin" zu tun, wissenschaftliche Ausführungen dazu erspare ich Ihnen allerdings, fix ist: Mit leerem Bauch ist der Mensch offensichtlich weniger empfänglich für Zärtlichkeiten.

Bleibt nur mehr die praktische Frage: Was essen, um den Akt maximal genießen zu können, zumal das falsche Gericht zur falschen Zeit ein veritabler Lustkiller sein kann. Wenn’s im Bauch rumort, fällt es schwer, sich beim Sex fallenzulassen und zu entspannen. Der Genuss von Hülsenfrüchten wie Erbsen oder Linsen kann als prekär eingestuft werden. Obwohl ausgerechnet oben erwähnter Autor explizit "Bohnen mit Bohnenkraut" empfiehlt: ein Gericht, "das gleich zweimal den Frühling in sich trägt, in Gestalt der Bohnen und des Bohnenkrauts, was das Blut doppelt in Wallung bringe, bis ins letzte Glied". 

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Vermutlich eine Frage der Verträglichkeit – ich sage nur: Darm mit Charme. Apropos: Selbst beim Salat ist Vorsicht angesagt – Rohkost verträgt nicht jede/r. Und so gesund Brokkoli, Karfiol oder Sprossen sein mögen – sie erzeugen sehr viele Gase. Umso bedeutender ist langsames und bewusstes Kauen – wer schlingt, schluckt Luft und dann: eh schon wissen. Da kann man gleich einen großen Teller Bohnengulasch mit frischem Brot in sich hineinstopfen und eine Pizza nachschieben.

Geschmacklich allzu offensive Gerichte mit viel Knoblauch oder Zwiebel sind ebenfalls heikel und eignen sich eher für Menschen im rundum entspannten Singlestatus. Man will schließlich hemmungslos küssen dürfen, ohne darüber sinnieren zu müssen, ob man für den Partner eine olfaktorische Zumutung ist. Außerdem gilt es auf die Kalorien- beziehungsweise den Fettgehalt zu achten – ausgeprägt Gehaltvolles wie etwa Gänse- oder Schweinsbraten und Frittiertes machen nämlich so satt, dass auch der Liebeshunger dramatisch schwindet. Zum Dessert gibt’s dann Schnaps statt Schnackseln.

Lesetipp

95 Prozent aller Männer, 79 Prozent aller Frauen und 60 Prozent aller Jugendlichen in Deutschland haben schon einmal Pornos angeschaut.  Die "Pornowissenschafterin" Madita Oeming beschäftigt sich mit diesem „Teil der Alltagskultur“ in einem Buch mit dem Titel "Porno. Eine unverschämte Analyse" (Rowohlt). Die zentrale Frage: Was machen Pornos mit uns, was machen wir mit Pornos und weshalb machen sie Lust?

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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