Macht Euch locker: Warum zu viel sitzen schlecht für den Sex ist

Wer zu oft und zu lange an seinem Sessel klebt, bringt Körper und Seele in Dauerspannung. Das mag die Lust nicht. Vor allem dann, wenn ein bestimmter Muskel bockt: der Psoas.

Sitzen ist das neue Rauchen – leider wahr, man könnte diesen Satz gar nicht oft genug wiederholen. Mittlerweile zeigen viele Studien, dass ununterbrochenes Herumhocken gesundheitlich riskant sein kann, mit erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen, Übergewicht, Diabetes und andere blöde Sachen. Der Mensch tut’s trotzdem, im Durchschnitt sechs Stunden pro Tag, am Schreibtisch, im Auto, in der Bim.

Und damit macht er sich auch unsexy, denn sitzen kann die Libido bremsen. Zunächst aufgrund verminderter Durchblutung, was speziell bei Männern zum Problem wird, Stichwort: erektile Dysfunktion. Doch auch Frauen sind betroffen, womit wir insgesamt beim Thema "Becken" gelandet wären, als das ultimative Epizentrum des erotischen Geschehens. 

Bei Leuten, die sich viel bewegen, ist dieser Körperbereich besser durchblutet, mit positiven Auswirkungen auf den Genitalbereich, also auf Penis und Vagina. Und auf die Muskulatur. "Mach dich locker, Baby" ist also keine blöde Phrase, sondern sollte zur Lebenseinstellung werden. Je beweglicher, durchbluteter, "glücklicher" das Becken ist, desto besser fürs Fühlen der Lust. Das betrifft auch die Fähigkeit, zu kommen.

Fit im Schritt? Nix da. Wer den Psoas auf diese Weise quält, macht ihn komplett zu.

Starker Kerl

Und da gibt es einen besonders spannenden und mächtigen Kandidaten: den Musculus Iliopsoas, kurz: Psoas. Oder, auf Deutsch: Hüftbeuger. Der einzige Muskel, der die Wirbelsäule mit den Beinen verbindet, womit er uns das aufrechte Stehen und das Heben der Beine ermöglicht. Ein starker Kerl, von außen nicht sichtbar, aber tief drinnen zuständig für die Stabilisierung der Wirbelsäule und das Becken, die "Mitte" ganz allgemein. Als deren "Manager" kann er so viel mehr: Er ist mit dem Zwerchfell verbunden, daher auch mit der Atmung, er stimuliert die Bauchorgane. 

Und er arbeitet mit dem Stammhirn zusammen, jenem Teil des Gehirns, bei dem es um unser Überleben geht, Stichwort: Kampf oder Flucht. Das macht ihn sensibel: Bei Gefahr zieht sich der Psoas zusammen und bleibt dann in diesem Aktivierungszustand. Sitzen mag er auch nicht besonders: nur wenige Schreibtischstunden reichen, um ihn anzuspannen. Fit im Schritt? Nix da. Wer den Psoas auf diese Weise quält, macht ihn komplett zu. 

Im schlimmsten Fall friert dieser ganze Bereich ein, statt dynamisch, geschmeidig und lebendig zu bleiben. Was dieser hochemotionale Muskel, was das Becken braucht, ist Leichtigkeit und bewusste, sehr liebevolle Zuwendung. Je entspannter, desto spielerischer gehen wir durchs Leben, die Energie fließt, alles ist gut – wir atmen freier, leben freier, fühlen die Mitte, das Becken, die Lust.

Der Zyklus der Erregung ist ein hochempfindliches Zusammenspiel zwischen sanfter muskulärer Spannung und Entspannung, zu viel "Halten" hemmt – den Beckenboden, die Atmung, das Fließen. Je mehr Bewusstheit, desto besser, im Sinne von „Bauchgefühl“ oder eben: den Bauch spüren. Um ein Gefühl für diesen Körperbereich zu bekommen, ist es gut ihn zu erforschen – eine Reise durchs eigene Becken und die Geschichte, das es erzählt. Um dann weich zu werden, Wohlgefühl zu erleben, sodass sich sexuelle Erregung wieder ganz frei ausbreiten kann und nicht irgendwo steckenbleibt. Statt sitzen – kreisen, tanzen, schaukeln. Frei sein. Für alle Männer, die jetzt meinen: Hm, schon wieder so ein Frauendings: nein, gar nicht. Denn auch sie können durch zu hohe Muskelspannung im Becken Probleme kriegen. So lustig muskuläre Spannung beim Sex sein kann – zu viel des Guten wird mühsam. Also, meine Herren: tanzt und schaukelt ruhig mit.

Bewegt

Die „Beckenschaukel“ gilt als eine der wichtigsten Bewegungen aus dem Modell des „Sexcorporel“. Man kann sie beim Sex einbauen, aber auch alleine probieren: Auf den Rücken legen, Beine anwinkeln, Füße stehen auf dem Boden. Dann den Bauchnabel beim Einatmen nach oben ziehen, beim Ausatmen nach unten.  Einatmen – Hohlkreuz. Ausatmen – Rücken zum Boden. Hin und her, Hand auf dem Bauch, dazu bewusst atmen.

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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