Sex mit dem Ex

Sex mit dem Ex: Einmal geht's noch - oder?

Manchmal ist der finale Akt mit dem Ex-Partner eine Strategie, um für immer abzuschließen, meist verhindert er genau das.

Sex mit dem Ex – soll ich’s wagen? Eine Frage, die sich häufig stellt – und die ungefähr so zu beantworten ist: Es kommt darauf an. Auf die Intention und die Motivation vor allem. Wer denkt, dieses eine, vielleicht letzte Erotik-Tête-à-Tête könnte retten, was nicht mehr zu retten ist – Fehlanzeige, gar nicht gut. Wenn deutlich wurde, dass da mehr Trennendes als Verbindendes ist, hilft auch die ärgste Orgie nicht, um ein Wunder zu vollbringen.

Trotzdem kann sich Sex mit der/dem Ex intensiv und lustvoll anfühlen – vorausgesetzt, alle Beteiligten wissen, worum’s geht: nur eine Momentaufnahme, aber keine Reunion. Eine allerletzte und vielleicht sogar sehr bewusste Szene des Abschieds. 

Das vorrangig bei Paaren, bei denen Sex nicht der bestimmende Trennungsgrund war, sondern eher der 100. Disput über den nicht ausgeleerten Mist, eine mangelnde Streitkultur, die gefühlte Ignoranz oder schlicht Langeweile. Man hat sich vielleicht auseinandergeliebt und -gelebt, da kann der finale Akt ein positiver Schlusspunkt sein. Danke, Darling – das war’s jetzt! Etwas löst sich – und lässt sich.

Auch wissenschaftlich wurde das Thema bereits erforscht: Vor einigen Jahren zeigte eine Studie der Wayne State University, dass ein sexuelles Intermezzo mit dem ehemaligen Partner nicht zwingend hinderlich für eine Trennung sein muss, sondern durchaus helfen kann, ein Liebeskapitel endgültig zu schließen. Heikel wird’s hingegen für jene, die sich mit dem "Verwandeln" schwertun, was meist unter dem gängigen Begriff "Loslassen" firmiert. 

Verlieben und Lieben schaffen eine unikate Prägung im Gehirn, beeinflusst durch das Glückshormon Dopamin. Ist der Mensch weg, ist das Glück weg – ist der Mensch wieder da, kommt auch das Dopamin wieder und damit ein Happy-Flash. 

Relativ vielen Menschen fällt es schwer, eine Trennung konsequent durchzuziehen. Sie suchen immer wieder von Neuem Kontakt – mal emotional gefärbt, manchmal rein sexuell konnotiert. Da kann’s schon mal vorkommen, dass per WhatsApp scheinbar überlebenswichtige Fragen gestellt werden: "Ich suche die lustige Weihnachtskrawatte, hab ich die zufällig bei dir vergessen, kann ich vorbeikommen?" Verständlich, aber riskant – vor allem für jene, die sich fix vorgenommen haben, unwiederbringlich zu gehen, weil: Die/der ist es nicht. Das passt nimmer – und wird es auch in Hinkunft nicht. Da ist Distanz gefragt. 

Und trotzdem ist die Tendenz zum "Wiederaufleben" keine Seltenheit – für das On/Off-Verhalten existiert sogar ein eigener Begriff: "Relationship Churning". Oft reine Kopfsache, also neurobiologisch bedingt. Verlieben und Lieben schaffen eine unikate Prägung im Gehirn, beeinflusst durch das Glückshormon Dopamin. Ist der Mensch weg, ist das Glück weg – ist der Mensch wieder da, kommt auch das Dopamin wieder und damit ein Happy-Flash. 

Genau: Das ist ein bisschen wie Sucht. Sich wieder vermehrt mit Mrs. oder Mr. Ex zu treffen, hat aber auch damit zu tun, sich ohne sie/ihn unklar zu sein, wer man jetzt eigentlich ist. Es fehlt so etwas wie ein "Konzept über sich selbst", ohne das Du kein Ich. Das kleine Revival lässt dieses Unbehagen für wenige Momente schwinden – bis klar wird: mit dir gar kein Ich. Deshalb ist es besser, nichts zu tun, das diese neuronalen Prägungen weiter verstärkt. 

Für einige Wochen, vielleicht sogar Monate, gilt: nicht sehen, nicht hören, nicht schreiben, nicht reden. Und niemals in den sozialen Medien das Vergangene suchen. Stattdessen "Romantic Detox": sich vom Alten lösen und entgiften, um bereit für Neues zu sein. Ich sag’s mal mit Falco (nach einem Song von Bob Dylan):

Oba, was vorbei is

Is vorbei, Baby Blue

Go, strike another match, go, go

Get, start something new

Start something new.

Empfehlung.

Wie ist es so, dieses "erste Mal"? Wie darüber reden, wie sich annähern? Mit dem Buch "Fucking Fucking schön" ist es Eva Rottmann gelungen, sich auf leichtfüßige Weise dem Thema "Erster Sex" anzunähern. Das Buch beschreibt "das erste Mal" in zehn sehr unterschiedlichen Kurzgeschichten. Die Autorin bekam dafür den Deutschen Jugendliteraturpreis. Für LeserInnen ab 14, Verlagshaus Jacoby & Stuart, € 16,50 

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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