Kopfball: Missverständnis Pornobalken

Bürschtl, Pelzlipperl oder Rotzbremsn - der Schnurrbart hat verschiedenste Bezeichnungen. Überlegungen zum Oberlippenbart.

Von Jürgen Preusser

Das Zitat stammt von Karl Farkas, nicht von Karl Kraus: „Wir Österreicher unterscheiden uns von den Deutschen durch so mancherlei, besonders durch die gleiche Sprache.“ Meistens finde ich das Österreichische in allen regionalen Varianten origineller: Hundekotbeutel stinkt gegen Sackerl fürs Gackerl gewaltig ab. Auf den ersten Blick ist das beim Schnurrbart nicht anders: Bürschtl, Pelzlipperl oder Rotzbremsn hat irgendwie mehr Sex-Appeal als Sör, Schnurrati oder Popelfänger. Doch plötzlich stoße ich auf ein mächtiges Synonym: Pornobalken. Weckt mein Interesse. Sollte es daher rühren, dass seit Clark Gable alle Frauen den Oberlippenbartträgern rettungslos verfallen? Und wenn ja: Warum weiß ich nichts davon? Hätt‘ mir glatt einen wachsen lassen. Die Wahrheit ist aber eine ganz andere: Es geht zwar um keinen Filmstar, selbiger hat jedoch in 1.750 Filmen mitgewirkt. Nicht wie Clark Gable in kümmerlichen achtzig. Sein Name: John Holmes. Spitzname in der deutschen Synchronisation: Mister 33 Zentimeter. (Die meisten anderen Geräusche in seinen Filmen wurden nicht synchronisiert.) 33 Zentimeter. Offenbar ein gewaltiger Schnurrbart! Big John war der erste Porno-Darsteller, der einen Nachruf in der New York Times bekam. Angeblich nicht seines Schnurrbartes wegen. Der drogensüchtige Holmes wurde nur 44 Jahre alt und gab damit an, mit 14.000 Frauen Sex gehabt zu haben. Auch das nicht seines Schnurrbartes wegen. Jedoch saßen zwei Generationen von Nachahmungstätern der Pornofilm-Branche diesem Missverständnis auf und schmückten sich mit dünnen, zweigeteilten Oberlippenbärten. Keine Ahnung, warum die nicht genauso berühmt wurden. 

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