Kopfball: Büchse der Pandora unter der Achsel

Es gibt nur einen Grund, der mich dazu bewegen kann, eine Handtasche zu tragen: Meiner Frau ist ihre zu schwer geworden.

Von Jürgen Preusser

Ja, das kommt vor. Denn allein das Gewicht jener Dinge, die täglich darin verschwinden, übersteigt die Leistungsfähigkeit eines gut gebauten Sherpas aus dem Karakorum. Mitunter habe ich den Eindruck, Madame wühlt nicht nach Sonnenbrille, Handy und Autoschlüssel, sondern nach Sonnensegel, Telefonzelle und Geländewagen. Ich kenne aber auch viele Männer, die tatsächlich eigene Handtaschen haben. Naja, nicht sehr viele, aber ein paar wenigstens. Genau genommen einen: Meinen Nachbarn, den Herrn Plötz. Der besitzt ein einziges Exemplar. Seit 47 Jahren. Abzüglich ungefähr sechs Wochen, in denen er die halbe Stadt rasterartig mit dem Auto absucht, weil die Handtasche irgendwo liegen geblieben ist.

Normalerweise klemmt das speckig graubraune, ursprünglich weinrote Schweinsledergebinde unter seiner Achsel. Doch einmal soll es versehentlich an die Admonter Stiftsbibliothek versandt worden sein, weil es jemand für eine handgeschriebene, in Leder gebundene Bibel aus der Zeit vor Gutenbergs Druckpresse gehalten hatte. Der Finder war wohl nicht draufgängerisch genug, um die Riemen zu öffnen: Büchse der Pandora, Jumanji – er kennt wohl die schlummernden Gefahren! Grundsätzlich sind Herrenhandtaschen eh ganz schick, aber … Nein, sorry, gerade in Zeiten wie diesen muss man Haltung zeigen. Auf die Gefahr hin, dass mein Nachbar jetzt den Grindfilm seiner Terrasse gegen unsere weiße Hauswand kärchert: Herrenhandtaschen gehen gar nicht. Punkt.

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