Der Grundstückseigentümer

Warum Hausbesitzer damit leben müssen, dass Grundbucheinträge und Türschilder nicht jeden beeindrucken.

In der Zeit, die mein Mann und ich darauf verwendeten, Hauseigentümer zu werden, hätte ich eine Roman-Trilogie schreiben und er ein gut besuchtes Fußballstadion vasektomieren können. Wir waren stolz und glücklich, bis wir merkten, dass unsere Eigentümerschaft manchen völlig wurscht ist. Es begann damit, dass mir beim Öffnen des Kellerfensters Exkremente entgegenpurzelten. Zunächst verdächtigten wir den Hund und erteilten ihm Gartenverbot. Dennoch wurde unser Lichtfensterschacht weiterhin als Latrine genutzt. Ratten, Mäuse und Marder konnten nach ausgiebiger Spurensicherung ausgeschlossen werden.
Wir fürchteten schließlich, unwissentlich den Zorn der Nachbarn auf uns gezogen zu haben. Denn morgens lagen sogar auf der Türschwelle Fäkalien, als wollte uns jemand ausrichten: Hinfort mit euch! Ihr seid hier nicht erwünscht! Erst als mein Mann und der Hund gegen drei Uhr früh eine Gassirunde durch die einsame Vorstadtnacht unternahmen, entdeckten sie den Übeltäter. Hinter unserem Haus beschnupperten sie die Böschung, plötzlich hüpfte ein riesiger Dachs aus dem Loch im Gartenzaun, hielt inne und starrte sie an. „Und dann?“, fragte ich meinen Mann, als er mir davon erzählte. „Der Hund hat sich umgedreht und ist davongelaufen.“ – „Und du?“ – „Natürlich auch! Unser Haustier wird besser wissen, wie man sich bei Wildtierkontakt zu verhalten hat.“
Wenn Grimbart mit seinen nächtlichen Stinkgeschenken zeigen wollte, wem das Grundstück wirklich gehört, wer hier der Boss ist, so wurde er von dieser Begegnung sicherlich bestätigt. Seit Anbeginn unserer Art glauben wir Menschen, der Planet sei unser. Wir führen Grundbücher und schreiben unsere Namen auf Türschilder, doch was macht die Natur? Sie legt – wie unser Frechdachs – ihr Häufchen drauf. Und das ist gut so. Red’ ich mir zumindest ein, wenn ich morgens ein neues entdecke.

 

Vea Kaiser

Über Vea Kaiser

Vea Kaiser ist die Autorin der Nr.1-Bestseller „Blasmusikpop“, „Makarionissi“ und „Rückwärtswalzer“. Ihre Bücher wurden vielfach preisgekrönt und in mehrere Sprachen übersetzt. Die studierte Altphilologin lebt mit Familie am Wiener Stadtrand und schreibt für die freizeit die wöchentliche Kolumne „Fabelhafte Welt“.

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