Vea Kaiser

Vea Kaisers Kolumne: Seerosen im Kinderbecken

Über Grenzen in grenzwertüberschreitendem Wasser und Möglichkeiten der Selbstverteidigung

Diesen Sommer war das Kinderbecken im städtischen Freibad ein Lieblings-Aufenthaltsort unserer Bambini. Wenn man Zweijährige beobachtet, wie sie mit seligem Gesichtsausdruck im Wasser hocken und sich die Beine durch Eigenproduktion wärmen, da dankt man Carl Wilhelm Scheele und Humphry Davy, die das Chlor entdeckten. 

Ich persönlich halte es mit dem Kinderbeckenwasser wie folgt: So viel Hautkontakt wie nötig, aber so wenig wie möglich. Kinderbecken gehören den Kindern und Eltern sollten sie überhaupt nur betreten, wenn das Kind in Gefahr gerät oder anderen gegenüber ungut wird. 

Es gibt allerdings Eltern, die dümpeln scheinbar gern im Luluwasser dahin wie harnstoffgedüngte Seerosen. Neulich saß ich am Rand und passte auf, dass mein Einjähriger nicht unterging, während ein moderner Papa den Gutteil des Beckens ausfüllte. Sein Filius schüttete ihn mit einem Plastikstanitzel an, woraufhin der Papa lachte: "Du freche Nudel du!" Das ging lange so, dann wurde dem Filius fad und er spritzte mir das Wasser mitten ins Gesicht. Der Papa sagte: "Das darfst du aber nicht, du freche Nudel du!" Sein Kind schüttete noch mehr Wasser in mein Gesicht.

Der Vater griff zum drastischsten Mittel der modernen Eltern: Er ging vor seinem Sohn in die Hocke, nahm Augenkontakt auf. "Ich verstehe, dass das lustig ist für dich, aber wir müssen die Gefühle dieser Mama akzeptieren." Woraufhin mir das Kind noch mehr Wasser ins Gesicht schüttete.

Ich nahm Bambinos Schaufelchen und schüttete zurück. "Ich verstehe, dass dir dein Papi keine Grenzen aufzeigen will, aber wenn du mich anschüttest, schütt ich dich an." Der Bub verstand und verbrachte den Rest des Tages damit, nur seinem eigenen Papa Wasser in Mund, Augen und Nase zu spritzen. Die Grenzen eines jeden Menschen verlaufen halt verschieden, selbst bei grenzwertüberschreitendem Luluwasser.

Weitere Infos: www.veakaiser.de

Vea Kaiser

Über Vea Kaiser

Vea Kaiser ist die Autorin der Nr.1-Bestseller „Blasmusikpop“, „Makarionissi“ und „Rückwärtswalzer“. Ihre Bücher wurden vielfach preisgekrönt und in mehrere Sprachen übersetzt. Die studierte Altphilologin lebt mit Familie am Wiener Stadtrand und schreibt für die freizeit die wöchentliche Kolumne „Fabelhafte Welt“.

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