Der akute Packnotstand
Warum Hinsetzen und Café Espresso Trinken nicht alle Probleme löst, aber alle Probleme lösen kann
So groß wie meine Freude darüber, vier Wochen mit Dottore Amore und Bambino in Süditalien zu verbringen, war mein Grauen davor, für diese Reise zu packen. Meiner bescheidenen Erfahrung nach ist der Spruch „Kinder brauchen nichts als Liebe“ nämlich Blödsinn. Ja, Kinder brauchen Liebe, aber auch urviel Zeug: Wickelausrüstung, Medikamente, Spielsachen, Babyphone, Kleidung, Flaschi, Flaschi-Sterilisator undundund.
Süditalien ist nicht aus der Welt, ABER man will sein Kind ja doch ernähren können, sollte der Zug eine ungeplante Pause im Nirgendwo einlegen. 2022 sind wir uns zudem hoffentlich alle einig, dass man aus Gründen der Nachhaltigkeit nicht unterwegs anschaffen sollte, was zuhause vorhanden ist. In meiner Überforderung versuchte ich mehrmals vor Reiseantritt, die Pack-Problematik mit dem Dottore Amore zu entwirren. Er reagierte mit seiner süditalienischen Universallösungsstrategie: „Zuerst setzen wir uns hin und trinken einen Café, dann packen wir.“ Nur, dass wir nach keinem Café Espresso packten, weil man als berufstätige Eltern genau so viel Freizeit hat, wie man für die Zubereitung und Konsumation eines Espresso benötigt.
Außerdem: Wenn es Probleme lösen würde, sich hinzusetzen und Espresso zu trinken, stünde Süditalien wirtschaftlich besser da. Viele Café später packten wir schließlich – hektisch, schwitzend, kurz vor Abreise und dementsprechend mangelhaft. Schon am ersten Abend stellten wir fest, dass der Flaschiwärmer nutzlos war, aber ein Wasserkocher vonnöten. Mein Mann fragte: „Wieso haben wir den nicht mit?“
Ich platzte: „Weil wir Espresso getrunken haben, statt die Packsituation zu besprechen!“ Grantig schickte ich ihn fort, um abgekochtes Wasser aufzutreiben.
Er freute sich. „Coolio, dann kann ich auch noch einen Espresso trinken. Siehst du, Espresso löst halt doch alle Probleme.“
Kommentare