Ein Leguan im dottergelben Zaumzeug
Eine Postkarte aus dem Wallfahrtsort amtlicher Liebe
Das im Süden von Sri Lanka gelegene Städtchen Galle trägt schwere Covid-Schrammen. Die Lilioms der Souvenir-Läden haben nicht einmal mehr die Kraft zu einem Nice-jewellery-Madam-good-price-Gesäusel, so zermürbt sind sie von den lausigen Geschäften. Nur die Hochzeitsfotografen und ihre Objekte sind in diesem Wallfahrtsort amtlicher Liebe bei bester Laune. Auf allen Plätzen posieren frisch vermählte Paare in den absurdesten Arrangements. Oft tragen die Bräute rote Roben. Die Farbe signalisiert, dass die Hochzeitsnacht siegreich absolviert wurde. Manche der auf Bollywood getrimmten Damen räkeln sich lasziv an holzgeschnitzten Säulen, während der Neo-Gatte sein erhobenes Knie voll Besitzerstolz auf ihrer Hüfthöhe positioniert und dabei in den Händen riesige, zischelnde Wunderkerzen hält. Wer sagt denn, dass wahre Liebe bequem sein muss?! Ein Paar hat sich für einen mächtigen Echtleguan in dottergelbem Zaumzeug als Foto-Trauzeugen entschieden; die Leguan-Braut wirft ihr Bein in die Luft, was das Reptil zu nervösen Zungenschlägen reizt. Auch finster blickende Porzellangeparden kommen als berechenbarere Deko zum Zug. Selbst wenn die Hochzeitsparty aus Budget-Gründen nicht stattfinden konnte, für die Bilder werden, so erzählen mir Freunde, die dort leben, Minimum jeweils drei Variationen von Outfits für beide Beteiligten eingepackt, und oft Hunderte Kilometer Anreise nicht gescheut. Schließlich sollen die Nachbarn und Büro-Buddies nicht glauben, dass hier jemand auf Glamour-Diät muss. „People love show-off“, sagt mir einer der Bitte-recht-glücklich-sein-Fotografen, in dessen Atelier ich einen Minztee schlürfe, „and me live good of people’s love of show-off“. Er fragt mich, ob ich vor einer Fototapete Porträts machen lassen will. Er hätte das ultimativ Passende für mich: Matterhorn im Hintergrund! Vorne grünen Wiesen mit „little nice goats“. Warum nicht, denke ich mir. Me love life in Absurdistan and show-off anyhow. Namasterl!
„Nymphen in Not” am 6. und 27. Februar um 11 Uhr im Rabenhof: Mit M. Happel, P. Morze, S. MacDonald
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